Frage an Hans-Josef Fell von Rudolf M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Hans Josef Fell,
was halten Sie von Herrn Werner Götz, Ex dm- chef, seinen Gedanken über einen Grundbetrag für alle Deutschen Bürger?
Halten Sie einen solchen Wandel für denkbar, oder ist die Idee für die Mottenkiste?
Mit freundlichen Grüßen
rudolf metz
Sehr geehrter Herr Metz,
gesellschaftliche und soziale Ausgrenzung sind keine Randerscheinungen. Formen sozialer Ausgrenzung und die Sorge vor Ausgrenzung sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Kritik an der Angemessenheit und Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates geht damit einher. In diesem Zusammenhang gewinnt die Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen ständig an Bedeutung.
Wir nehmen diese Vorschläge sehr ernst. Unseres Erachtens ist aber Skepsis angebracht, wenn damit geworben wird, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen eine globale Alternative zum bestehenden Sozialstaat sein könnte. Die meisten sozialstaatlichen Institutionen werden (auf lange Sicht) nicht entbehrlich. Die Rentenversicherung kann nicht über Nacht abgeschafft werden, über viele Jahrzehnte wären erworbene Ansprüche zu bedienen. Auf die Krankenversicherung, Pflegeversicherung oder auch die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen kann gar nicht verzichtet werden. Da viele Bürgerinnen und Bürger arbeiten _wollen_ wird unseres Erachtens auch Arbeitsmarktpolitik nicht entbehrlich. Ganz zu schweigen davon, dass Bildungseinrichtungen verbessert und ausgebaut werden müssen und nicht abgebaut werden können.
Wir werden uns also auch in Zukunft darüber zu unterhalten haben, wie viel Geld wir für diese Aufgaben ausgeben wollen und wie Bildung oder auch der Schutz bei Pflegebedürftigkeit am besten gewährleistet werden können.
Selbst die Befürworterinnen und Befürworter eines Grundeinkommens räumen ein, dass ein bundeseinheitliches Grundeinkommen nicht überzeugend wäre. Die sehr unterschiedlichen Wohnkosten müssten mithin berücksichtigt werden (über eine Regionalisierung oder über das Wohngeld). Auch räumen sie ein, dass die Bedarfe der Antragstellerinnen und Antragsteller nicht über einen Kamm geschoren werden können. Besondere Bedarfe wären rechtlich also zu decken.
Selbstbestimmung und Solidarität bilden die normative Grundlage in einer Gesellschaft, in welcher der Wunsch nach sozialem Zusammenhalt fester Bestandteil des Selbstverständnisses ist. Zusammenhalt wird nur dann erhalten, wenn sich die Gesellschaft auf Prioritäten einigt. Eine solche Priorität ist aus grüner Sicht die Parteinahme für die Schwächsten. Dazu gehört, dass sozialstaatliche Leistungen die Befähigung der Menschen zum Ziel haben müssen, ein Leben in eigener Regie zu führen. Dauerhafte Alimentierung widerspricht diesem Ziel.
Freundlicher Gruß
Hans-Josef Fell MdB