Frage an Hans-Georg Faust von Detlef S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Faust.
in der heutigen Berichterstattung bei Heise Online ( http://tinyurl.com/dzgnpk ) ist zu lesen, "dass man in der Regierung durchaus eine Überwachung der von den Providern gehosteten Stoppseiten-Server durch Strafverfolgungsbehörden in Betracht zieht." Vor kurzem hat Familienministerin von der Leyen on einem Interview noch erklärt: "Der zufällige Versuch, da machen Sie sich nicht strafbar. Sonst müsste jeder, der eine Spam-Mail bekommt oder etwas falsches eingibt, sich sofort strafbar machen."
Für mich entsteht der Eindruck, daß durch die Hintertür ein Gesetz geschaffen wird, daß die bisher notwendige richterlicher Anordnung zur Telekommunikationsüberwachung aushebelt.
Zusätzlich besteht für jeden Internetnutzer das gravierende Problem, daß er nicht wissen kann, auch welche Webseiten er nicht surfen darf, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Da die Sperrlisten links zu Kinderpornografie enthalten, dürfen sie nicht frei zugänglich sein. Der Bürger hat keinerlei Möglichkeit mehr, die Arbeit der damit befassten Institutionen zu kontrollieren. Es wird blindes Vertrauen von uns verlangt.
die erste Frage dazu: Wie soll sichergestellt werden, daß wirklich nur Webseiten mit pronografischen Inhalt auf den Sperrlisten stehen? Welche Kontrollinstanzen gibt es, die die Maßnahmen auf möglichen Mißbrauch überwachen?
die zweite Frage dazu: Wie wird ein unbedarfter Internetnutzer vor Strafverfolgung geschützt, der einfach nur einen link in einer Spam-mail anklickte und so auf einer gesperrten Seite landet? Hierzu möchte ich nochmal an den verlinkten Artikel verweisen mit der Aussage des Pressesprechers des Justizministeriums :"Ob und gegebenenfalls wer sich strafbar gemacht hat, wird regelmäßig erst durch die sich daran anschließenden strafrechtlichen Ermittlungen geklärt werden können."
mit freundlichen Grüßen
D. Salzmann
Sehr geehrter Herr Salzmann,
konkret sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Diensteanbieter personenbezogene Daten für Zwecke der Verfolgung von Straftaten nach § 184 b StGB den zuständigen Stellen auf deren Anordnung übermitteln können. Ob und inwieweit die Strafverfolgungsbehörden tätig werden, ist von den dafür zuständigen Behörden selbst zu entscheiden. Zumindest eröffnet der Gesetzesentwurf die Möglichkeit dazu.
Die Zugangsanbieter dürfen nach dem Gesetzentwurf Daten nur erheben und verwenden (also auch speichern), soweit dies für die Durchführung der Zugangsblockierung erforderlich ist. An die Strafverfolgungsbehörden dürfen diese Daten nur auf Grund eines richterlichen Beschlusses nach § 100 g StPO in Echtzeit an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden.
Nach § 100g StPO dürfen zur Aufklärung von erheblichen oder - wie dies bei der Verbreitung, dem Erwerb und dem Besitz kinderpornographischer Schriften oftmals der Fall ist - mittels Telekommunikation begangenen Straftaten ohne Wissen des Betroffenen sogenannte Verkehrsdaten erhoben werden. Das ermöglicht, aufgrund richterlicher Anordnung die auf den Stoppserver zulaufenden Anfragen als Kopie in Echtzeit (also „live“) an die Strafverfolgungsbehörde auszuleiten und dort zu Zwecken der Strafverfolgung zu verarbeiten.
Durch die strafrechtliche Ermittlungen kann dann geklärt werden, ob und wer sich strafbar gemacht hat, wenn eine gesperrte Webadresse angesurft wird. Wie bei jeder Straftat genügt zwar für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Verdacht ist dann jedoch weiter abzuklären, insbesondere dahingehend, von wem die Straftat begangen worden ist und ob diese Person vorsätzlich gehandelt hat. Das heißt dann auch, dass sich nicht strafbar macht, wer unbeabsichtigt auf eine Seite mit kinderpornografischem Inhalt gestoßen ist.
Dennoch gilt auch hier der Grundsatz, dass Unwissenheit in der Regel nicht vor Strafe schützt. Die Strafbarkeit des Verhaltens ist in § 184 b StGB geregelt. Sofern sich die Unwissenheit auf die Strafbarkeit des Verhaltens bezieht (Verbotsirrtum), schützt sie den Täter nur, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte.
Im Übrigen befugt der Gesetzesentwurf das BKA im neuen § 8a Telemediengesetz nur zur Listung von Zieladressen, die Kinderpornografie nach § 184 b StGB enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen. Darüber hinaus dürfen keine Zieladressen gelistet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans Georg Faust MdB