Frage an Hans-Georg Faust von Florian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Faust,
am 19.06.2009 wurde das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in
Kommunikationsnetzen verabschiedet.
Da auch Sie diesem Gesetz zugestimmt haben, möchte ich Ihnen folgende Fragen stellen:
1. Warum halten Sie das Gesetz in seiner jetzigen Form für wirkungsvoll?
2. Welche weiteren Mittel sollten Ihrer Meinung nach ergriffen werden, um die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet nachhaltig zu unterbinden?
3. Können Sie sich eine Ausweitung der Sperrliste auf andere Themen wie z.B. Killerspiele oder verfassungsfeindliche Foren vorstellen?
4. Lehnen Sie folgende Vorschläge ab oder unterstützen Sie diese:
- Die Aufnahme einer Seite auf die Sperrliste soll nur durch ein rechtskräftiges Urteil eines deutschen Gerichtes erfolgen.
- Ein mehrmaliger Besuch von gesperrten Seiten sollte einen Anfangsverdacht für das Justizwesen rechtfertigen.
- Die Sperrliste sollte eine Übergangslösung sein, bis die gesperrten Seiten gelöscht worden sind. Die Justiz sollte dabei offensiv auf die Seitenbetreiber zugehen und die Löschung fordern.
Über eine Antwort als Hilfe bei der anstehenden Wahlentscheidung freue ich mich sehr,
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Kleintje
Sehr geehrter Herr Kleintje,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen.
Ziel des von Ihnen angesprochenen Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornographischen Inhalten durch die Internet-Provider in Deutschland. Dazu wird dem Bundeskriminalamt die Möglichkeit eingeräumt, Sperrlisten zu erstellen, die Kinderpornographie im Sinne des § 184 b Strafgesetzbuch enthalten oder darauf verweisen. Das Sperren von Websites mit kinderpornographischem Inhalt kann jedoch lediglich Bestandteil einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern sein. Internet-Sperren können die Ermittlung der Täter und das Löschen kinderpornographischer Websites nicht ersetzen, sondern wirksam ergänzen. Das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen ist daher nur ein Aspekt im Kampf gegen Kinderpornographie, welcher auf allen Verbreitungswegen geführt werden muss.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich mir die Zustimmung zum Gesetzentwurf nicht leicht gemacht habe. Die Sorgen insbesondere der über 134.000 Bürgerinnen und Bürger, welche die Petition gegen Internet-Sperren unterzeichnet haben, nehme ich deswegen sehr Ernst. Auch habe ich mich während des gesamten Gesetzgebungsprozesses eingehend mit der zum Teil heftigen Kritik der Internet-Community auseinandergesetzt. Bitte haben Sie jedoch Verständnis dafür, dass ich zu einer anderen Einschätzung komme. Der Vorwurf, es handele sich bei der Sperrung kinderpornographischer Seiten um „Zensur“, muss entschieden zurückgewiesen werden, da es sich bei den gesperrten Seiten um strafrechtlich relevante Inhalte handelt, die ohnehin verboten sind. Man kann nicht auf der einen Seite die Sperrung von strafbaren Internet-Seiten als Zensur kritisieren, gleichzeitig aber eine Löschung dieser Seiten befürworten. Zudem unterliegt die Erstellung der Sperrliste durch das Bundeskriminalamt selbstverständlich der gerichtlichen Kontrolle.
Das Prinzip „Löschen statt Sperren“ ist von der Koalition aufgegriffen worden, die Sperrlisten sollen erst dann wirksam werden, wenn die Löschung einer Internetseite mit Kinderpornos nicht gelingt, weil sich diese z. B. auf einem Server im Ausland befindet.
Ausdrücklich nicht beteiligen möchte ich mich an der Diskussion zur Ausweitung von Internet-Sperren auf andere Bereiche. Dies steht meines Erachtens nicht zur Debatte. Wir sollten zunächst abwarten, wie sich das neue Gesetz bewährt, deshalb wird die Bundesregierung das Gesetz nach zwei Jahren überprüfen.
Gemäß dem Gesetzestext hat das Bundeskriminalamt einen klar geregelten Gestaltungsspielraum bei der Erstellung der Sperrlisten. Auf die Liste kommen nur kinderpornographische Seiten oder solche, die auf kinderpornographische Seiten verweisen, wie beispielsweise Linklisten. Sollte im Rahmen eines Rechtsstreits die Frage maßgeblich sein, ob eine auf der Sperrliste geführte Webseite zu Recht gelistet wurde, wird die Liste dem zur Entscheidung berufenen Gericht zur Verfügung gestellt. Die Forderung, dass die Aufnahme einer Seite auf die Sperrliste nur durch ein rechtskräftiges Urteil eines deutschen Gerichtes erfolgen kann, halte ich für praktisch nicht umsetzbar. Die Fülle an zu sperrenden Seiten würde die Gerichte schlichtweg überfordern, das Verfahren würde in der Regel länger dauern als die Live-Time der zu sperrenden Adresse.
Ein mehrmaliger Besuch von gesperrten Seiten kann keinen Anfangsverdacht für das Justizwesen rechtfertigen. So ist eindeutig festgelegt, dass die bei der Umleitung auf die Stoppmeldung anfallenden Verkehrs- und Nutzungsdaten nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden können. Insofern muss niemand die Sorge haben, durch unbeabsichtigten Zugriff auf eine Seite der Sperrliste einem Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie ausgesetzt zu werden.
In der Hoffnung, Ihre Fragen damit hinreichend beantwortet zu haben verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans Georg Faust, MdB