Frage an Hans-Georg Faust von Uwe S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Faust!
Ich reise oft mit den Zügen der Deutschen Bahn AG und der Metronom Eisenbahngesellschaft, auch an den Wochenenden. Mir ist aufgefallen, dass sich das Verhalten der mitreisenden sogenannten "Fußballfans" immer mehr verschlechtert. Diese, zumeist in größeren Gruppen reisenden, Fangruppen sind zumeist schon bei Beginn ihrer Fahrt zu den Spielorten angetrunken und mit reichlich Vorrat an alkoholischen Getränken zumeiste Bier ausgestattet. Während der Fahrten kommt es dann in der Regel zu verschmutzungen der Reisewagen, zu lautstarken Provokationen anderer Fans und zum Teil auch zu handfesten Auseinandersetzungen. Als "Normalreisender" speziell auch im Beisein von Kindern empfindet man dieses Verhalten als extrem störend und sogar angsteinflössend. Zum Teil verzichtet man auf die Mitfahrt in solchen Zügen, um Ärger aus dem Weg zu gehen. Kurz um, der einfache Bürger weicht diesen "Fans" aus und nimmt Nachteile (spätere Züge) in Kauf.
Nun meine Frage:
Wäre es nicht möglich, darüber nachzudenken, ein Gesetz zu erlassen, vergleichbar mit dem "Bundesnichtraucherschutzgesetz", welches die Nichttrinker vor den "Trinkern" schützt?
Abgesehen von dem "Bild", was diese Personengruppen in der Öffentlichkeit erzeugen, durch den offenen Verzehr alkoholischer Getränke, entstehen oftmals auch Straftaten aus diesen Situationen heraus! Von der schlechten Vorbildfunktion gegenüber Jugendlichen ganz zu schweigen.
Ich würde es sehr begrüßen, hier ebenfalls eine gesetzliche Regelung herbeizuführen.
Vielen Dank
U.Schlemm
Sehr geehrter Herr Schlemm,
die gute Nachricht gleich zuvor: bei den im Landkreis Northeim wohnenden Fußballfans gibt es keine polizeilichen Erkenntnisse darüber, dass sie durch Gewaltbereitschaft oder exzessiven Alkoholmissbrauch in Zügen auffallen oder gar mitreisende Fahrgäste belästigen. Sie genießen ihren Fußball als „schönstes Hobby“ das es für sie gibt und das freut mich sehr!
Die Polizei unterscheidet bei gewaltbereiten Fußballfans zwischen Angehörigen der Kategorie B (Fans mit überwiegendem Interesse am Spielverlauf, jedoch grundsätzlicher Bereitschaft, sich situationsbedingt an gewalttätigen Aktionen zu beteiligen) und Angehörigen der Kategorie C (Fans mit überwiegendem bzw. ausschließlichem Interesse an der Suche nach potenziellen Gegnern für gewalttätige Auseinandersetzungen). Unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu diesen Kategorien können Personen, die durch entsprechende Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen aufgefallen sind, auch in der bundesweiten Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ gespeichert werden.
Maßnahmen zur Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Fußballspielen erfolgen bundesweit seit vielen Jahren auf Grundlage des „Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit“ (NKSS). Dieses wurde in Zusammenarbeit aller betroffenen Behörden und Organisationen Ende der 80er Jahre entwickelt und findet seit 1993 für den Spielbetrieb der Fußball-Bundesligen, später erweitert auf die Regionalligen (jetzt vierthöchste deutsche Spielklasse), Anwendung.
Das NKSS benennt konkrete Maßnahmen in den Handlungsfeldern Zusammenarbeit der Beteiligten, Stadionsicherheit, Stadionordnungen, Ordnerdienste, Stadionverbote und Fanbetreuung und ist seitdem eine gute Basis für Sicherheitsmaßnahmen und die abgestimmte Zusammenarbeit aller Beteiligten im Hinblick auf die gemeinsame Bekämpfung und Eindämmung des „Hooliganismus“. Der regelmäßig auf dieser Ebene tagende Nationale Ausschuss Sport und Sicherheit schreibt das NKSS fort und gewährleistet dauerhaft ein bundesweit einheitliches Vorgehen aller Beteiligten.
Niedersachsen ist darüber hinaus eines der ersten Länder, in dem diese in den oberen Fußballligen bewährten Verfahrensweisen weitgehend auch im Amateurbereich Anwendung finden. Grundlegend dafür ist die gute Arbeit der im Jahr 2006 gemeinsam mit dem Präsidenten des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) eingerichteten Kommission „Sport und Sicherheit“ sowie ihres Arbeitsgremiums, des Ausschusses „Sport und Sicherheit“. Dort erfolgt ein ständiger, enger und direkter Austausch zwischen Fachleuten des niedersächsischen Innenministeriums, des NFV sowie der Polizeidirektionen. Die Sicherheitslage wird laufend analysiert und erforderliche, gemeinsame Maßnahmen werden umgehend abgestimmt sowie umgesetzt.
Mit der 2007 im Ausschuss erarbeiteten Rahmenkonzeption „Sicherheit bei Fußballspielen niedersächsischer Vereine im Amateurbereich“ sind weitreichende Maßnahmen und Standards zur weiteren Verstärkung der Sicherheit sowie Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Verband, Vereinen und Polizei in Niedersachsen festgelegt worden. Nach Kenntnis des niedersächsischen Innenministeriums gehen diese teilweise deutlich über die Vorkehrungen in anderen Ländern hinaus.
Die Zusammenarbeit der Polizei mit dem Verband sowie den Vereinen in Niedersachsen ist aber nicht nur in den oben genannten Gremien hervorragend. Auch auf örtlicher Ebene sind entsprechende intensive Kontakte vorhanden, auf deren Basis jeweils eine abgestimmte Vorbereitung auf anstehende Fußballspiele und -turniere stattfindet. Dabei werden alle relevanten Informationen ausgetauscht sowie standardisiert Risikobewertungen vorgenommen und Besprechungen zu allen Sicherheitsfragen durchgeführt.
Sicherheitsmaßnahmen baulicher, technischer, organisatorischer und betrieblicher Art in den Stadien sind ebenfalls standardisiert bzw. werden lageangepasst festgelegt. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen zur Fantrennung in den Stadien genauso wie der Einsatz von qualifizierten Ordnern sowie das Anwenden einheitlicher Stadionordnungen und des Instrumentes Stadionverbot gegen Gewalttäter.
Informationen über Angehörige, Strukturen und Aktivitäten der örtlichen Problemfanszenen werden von der Polizei Niedersachsen ständig durch den umfassenden Einsatz von Szenekundigen Beamtinnen und Beamten (SKB) erhoben, ausgewertet und in einem strukturierten Informationsaustausch zur Verfügung gestellt. Dieses hat eine sichere Basis polizeilich relevanter Erkenntnisse über das Problemfanpotenzial und das Verhältnis zu Anhängern anderer Vereine erbracht. Aufgrund der positiven Effekte des Einsatzes von SKB ist dieser mit Erlass vom 10. Oktober 2008 „Maßnahmen der Polizei aus Anlass größerer Sportveranstaltungen; Einsatz von Szenenkundigen Beamtinnen und Beamten“ lageangepasst ausgeweitet und unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen landesweit auf einem einheitlich hohen Standard geführt worden. Wichtiges Arbeitsmittel der SKB und eine wirkungsvolle Unterstützung polizeilicher Einsatzmaßnahmen gegen gewaltbereite Personen ist im Übrigen die bundesweite Verbunddatei Datei „Gewalttäter Sport“. Auf der Basis der anlassbezogen vorliegenden Erkenntnisse, den Erfahrungen der Vorjahre und je nach Konfliktpotential der anstehenden Begegnung(en) werden jeweils der Kräfteansatz der Polizei sowie die Stärke des Sicherheits-, Ordnungs- und Rettungsdienstes durch den Veranstalter festgelegt. Durch die Anwendung bewährter und den örtlichen Gegebenheiten angepasster polizeilicher Einsatzkonzeptionen wird gewährleistet, dass Gewalt suchende Personen so wenig wie möglich Raum zur Entfaltung bekommen. Dazu gehört auch, dass die Polizei erkannte potentielle Gefährder gezielt beobachtet, sie ggf. im Vorfeld von Veranstaltungen anspricht und unter Umständen an der Anreise zum Fußballspiel hindert.
Die unionsgeführte niedersächsische Landesregierung ist sich allerdings bewusst, dass Gewaltphänomene junger Menschen bei oder am Rande von Fußballspielen nur in einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz zu lösen sind. Vernetzte Präventionsstrategien und -konzeptionen, die alle relevanten Lebensbereiche junger Menschen umfassen, sind hier der richtige Weg. Polizeilicherseits wurden daher zum Beispiel die themenbezogene Zusammenarbeit mit den örtlichen Präventionsräten und den Einrichtungen der Sozial- und Jugendarbeit intensiviert. Auch die Verbände und Vereine leisten verstärkte Präventionsarbeit bei den Fußballanhängern. Die unionsgeführte niedersächsische Landesregierung beteiligt sich an der Finanzierung der Fanprojekte.
Daher bin ich zuversichtlich, dass wir derzeit keine weitergehenden gesetzlichen Maßnahmen benötigen, um ein sicheres Reisen in Niedersachsen zu gewährleisten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Hans Georg Faust, MdB