Frage an Hans-Georg Faust von Mario B. bezüglich Finanzen
Betr: Hartz IV
Sehr geehrter Herr Dr Faust ,
meine Familie und ich sind Hartz IV-Empfänger ! Meine Frau und ich haben Jahrelang Sozialabgaben geleistet!
Ich kenne Sie nicht , und ich wünsche Ihnen weiß Gott nichts schlechtes, aber leben Sie mitsammt Ihrer Familie einmal 12 Monate nur von Hartz IV !
Warum bekommen Ausländer , die nie in unsere Kassen eingezahlt haben, Geld aus unseren Kassen ?
Spätaussiedler bekommen hier Rente, obwohl sie nie etwas in unsere Rentenkassen eingezahlt haben ! Warum ?
Ein Freund von mir zog vor 20 Jahren nach Kanada, er hatte zuvor 24 Jahre hier in Deutschland gearbeitet . Nun kam er zurück und ihm wurde mitgeteilt, das seine Rentenansprüche in Deutschland erloschen sind !
Wäre es nicht sinnvoll , Zugereisten, die nie in unsere Kassen eingezahlt haben , diese Leistungen ebenfalls nicht zu bewilligen ?
So würde unser Staat etliche Millionen, wenn nicht gar Milliarden , jährlich sparen !
Wäre es nicht sinnvoll, die Politiker abzusetzen , und das Volk entscheiden zu lassen ?
Da würden sich die Ausgaben drastisch reduzieren !
Als Mann des Volkes bekleiden Sie ein Ehrenamt, für das Sie gut bezahlt werden ! Wäre es nicht sinnvoll dieses Ehrenamt ohne Bezahlung auszuüben ?
Auch ich bekleide Ehrenämter , allerdings ohne Bezahlung !
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen !
Mit freundlichen Grüßen
M.Baretti
Sehr geehrter Herr Baretti,
für Ihre auf abgeordnetenwatch.de eingestellten Fragen danke ich Ihnen. Sie beziehen sich auf die Folgewirkungen von Hartz IV, Sozialleistungen für ausländische Staatsangehörige, Rente für Spätaussiedler sowie Fragen zum Rentenrecht bei Arbeitsaufenthalt im Ausland.
Hartz IV:
Die Mittel für das Arbeitslosengeld II werden von der Solidargemeinschaft erarbeitet -- also von den berufstätigen Bürgerinnen und Bürgern. Insofern hat die Solidargemeinschaft Anspruch darauf, dass die Mittel sparsam und zweckgerichtet für die wirklich Betroffenen eingesetzt werden. Die Wirkungen des Arbeitslosengeldes II betreffen also die Bevölkerung, weil sie es aufbringt.
Beim Arbeitslosengeld II gibt es unbestritten noch Verbesserungsbedarf. Wir wollen daher die Zielgenauigkeit verbessern und Mitnahmeeffekte künftig vermeiden. Auch der Bundesrechnungshof hat auf verschiedene Vollzugsdefizite beim Arbeitslosengeld II hingewiesen. Nun bemüht sich die Bundesregierung darum, diese Defizite abzubauen. Dabei bitte ich allerdings zu bedenken, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II ein komplexes Reformvorhaben war. Anlaufschwierigkeiten waren zu erwarten. Diese Schwierigkeiten werden wir nun schrittweise überwinden.
So ist das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2005 bereits mehrfach verändert worden: Durch das Freibetragsneuregelungsgesetz im Oktober 2005, das Erste Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch im Dezember 2005 und anderer Gesetze. Seit 1. August 2006 gelten die meisten Änderungen durch das Fortentwicklungsgesetz. Diese Änderungen betreffen das Leistungsrecht, die Verwaltungspraxis und die Missbrauchsbekämpfung. Ziel des zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB II und des Fortentwicklungsgesetzes ist es, die steigenden Kosten für die Grundsicherung für Arbeitssuchende zu begrenzen.
Insgesamt wollen die Koalitionspartner etwa 4 Milliarden Euro jährlich durch die verab-schiedeten Maßnahmen einsparen. Denn die Belastungen für die Solidargemeinschaft sind gestiegen: Vor der Reform, im Jahr 2004 lagen die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen für die Arbeitslosenhilfe (plus Wohngeld) und Sozialhilfe bei 38,6 Milliarden Euro. Bund und Kommunen gaben im Jahr 2005 für Hartz IV 44,4 Milliarden Euro aus. Das entspricht einem Zuwachs von 5,8 Milliarden Euro. Auch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften wächst an. So waren beim Start von Hartz IV 3,3 Millionen Bedarfsgemeinschaften verzeichnet -- im Sommer 2006 waren es bereits 4,1 Millionen (plus 800.000). Die Gründe für den Anstieg der Bedarfsgemein-schaften liegen in den Leistungserweiterungen im SGB II, die nach wie vor schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt und in teilweise noch ineffizienten Verwaltungsstrukturen.
Wir sehen den Handlungsbedarf, damit die Folgewirkungen von Hartz IV die Solidargemeinschaft, also die einzahlenden Bürgerinnen und Bürger, nicht länger in dieser Form belasten. Wir müssen die Kosten begrenzen, Zuständigkeiten klären und effizienter gestalten und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt leistungsgerecht ausrichten (durch beispielsweise ein Kombi-Lohn-Modell).
Sie sehen, dass uns die Folgewirkungen von Hartz IV bewusst sind und deren Lösung bereits in Angriff genommen haben.
Um eines abschließend zu verdeutlichen: Das Arbeitslosengeld II und dessen Höhe stehen nicht zur Disposition. Allerdings sind meine Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und ich der Meinung, dass Empfänger von Transfereinkommen wie es das Arbeitslosengeld II ist, nicht besser stehen dürfen, als Beschäftigte, die einer regulären Arbeit nachgehen.
Sozialleistungen für ausländische Staatsangehörige:
Ausländische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, können gemäß § 23 SGB XII Leistungen erhalten, es sei denn, sie gehören zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Für Ausländer ist die Berechtigung zur Hilfe allerdings eingeschränkt. Ein Rechtsanspruch besteht nur bei der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Hilfe bei Krankheit, der Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie der Hilfe zur Pflege. Darüber hinausgehende Hilfen können im Einzelfall gewährt werden.
Rente für Spätaussiedler:
Aussiedler und Spätaussiedler hatten und haben einen Anspruch auf Rente nach dem Fremdrentengesetz für die Zeit, die sie in ihrem Herkunftsland gearbeitet haben. Damit hat der Gesetzgeber dem Kriegsfolgenschicksal der Aussiedler und Spätaussiedler Rechnung getragen. Dies gilt jedoch nur für die Aussiedler und Spätaussiedler selbst, die also die Voraussetzungen nach § 4 BVFG erfüllen; alle Personen, die nur in den Aufnahmebescheid einbezogen wurden, also der nicht deutschstämmige Ehegatte und die Abkömmlinge, erhalten keine Rente.
Der immer wieder auftauchende Vorwurf, dass die Renten zu hoch seien, stimmt so nicht, denn die Renten sind durch diverse Regelungen in der Höhe begrenzt:
- Die Berechung der Renten erfolgt auf der Grundlage des Lohnniveaus einer strukturschwachen Region in den neuen Bundesländern (wo die Einkommen und damit die Renten entsprechend niedrig sind), um eine Besserstellung der Anspruchsberechtigten gegenüber einheimischen Versicherten zu vermieden.
- Für Rentner, die nach dem 01.01.1991 zugezogen sind, erfolgte auf die so berechnete Rente zusätzlich ein Abschlag in Höhe von 30 Prozent; für Aussiedler, deren Rente ab dem 01.10.1996 bewilligt wurde, wurde dieser Abschlag sogar auf 40 Prozent erhöht.
- Für Spätaussiedler, die erst nach dem 06.05.1996 nach Deutschland gekommen sind, gibt es eine weitere Beschränkung. Sie erhalten für die Zeiten nach dem Fremdrentengesetz nur noch höchstens 25 Entgeltpunkte und für Ehepaare werden nur noch höchstens 40 Entgeltpunkte berücksichtigt. Dies sind wohl gemerkt die Maximalwerte, die erreicht werden können, der Großteil der Renten liegt jedoch niedriger und teilweise nur knapp über dem Sozialhilfesatz.
Fragen zum Rentenrecht bei Arbeitsaufenthalt im Ausland:
Da immer mehr Arbeitnehmer im Laufe ihres Berufslebens in verschiedenen Ländern tätig sind, wurden - damit für diesen Personenkreis keine Nachteile entstehen - ergänzend zu den nationalen Rentengesetzen weitere Regelungen getroffen.
Deutschland hat in diesem Zusammenhang mit verschiedenen Ländern, die nicht der Europäischen Union (EU) angehören, zweiseitige Verträge in Form von bilateralen Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen. So wurde auch ein Sozialversicherungs-abkommen mit Kanada unterzeichnet. Für die Durchführung der Sozialversicherungsabkommen wurden im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland so genannte Verbindungsstellen eingerichtet. Die Zuständigkeit der Verbindungsstellen ist im Bereich der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung länderbezogen aufgeteilt. Als Träger auf Regionalebene ist grundsätzlich die
Deutsche Rentenversicherung Nord
Friedrich-Ebert-Damm 245
22159 Hamburg
zuständige Verbindungsstelle im Verhältnis zu Kanada. Daher empfehle ich ihrem Bekannten, sich an die o.g. Verbindungsstelle zu wenden und seine Ansprüche dort klären zu lassen.
In der Hoffnung, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben,
verbleibe ich
mit besten Grüßen
Dr. Hans Georg Faust MdB