Frage an Hans-Georg Faust von Ernst F. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Faust,
am 11.1.07 haben Sie an einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Gesundheitsreform in Verden teilgenommen. Die Rotenburger Rundschau berichtet, Sie hätten durchblicken lassen, dass Sie selbst nicht hinter der Reform stünden.
Diesen Eindruck kann man auch gewinnen, wenn man hier im Forum sieht, dass SIe Fragen zur Gesundheitsreform nicht beantworten.
In der Sache ist es wohl objektiv so, dass diese Reform völlig untauglich ist, das Gesundheitssystem zu verbessern.
Wenn Sie Ihre Vorstellungen nicht durchsetzen können, warum treten Sie dann nicht von der Mitarbeit zurück ? Und wie werden Sie abstimmen ?
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Friesecke
Sehr geehrter Herr Friesecke,
die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland ist mit ihren Grundprinzipien Solidarität, Subsidiarität und Selbstverwaltung ein Modell, das eine umfassende medizinische Versorgung gewährleistet. Der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen führen allerdings zu einem Ausgabenanstieg, der die Entwicklung der Einnahmen auch in Zukunft übersteigen wird. Diese Finanzierungslücke kann nicht einfach nur durch eine weitere Steigerung der Beitragssätze finanziert werden, denn steigende Sozialbeiträge führen zwangsläufig zu höheren Arbeitskosten und zu einer steigenden Arbeitslosigkeit. Zentrale medizinische Leistungen zu rationieren, wird partei-übergreifend strikt abgelehnt. Der sozial gerechte Weg ist es vielmehr, durch strukturelle Reformen Effektivität und Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und gleichzeitig alle Beteiligten maßvoll in Sparmaßnahmen einzubeziehen. Hierzu gehört auch eine angemessene Beteiligung der Versicherten an ihren Krankheitskosten, bei der auf soziale Belange Rücksicht genommen wird. Nur so kann weiterhin ein hohes Versorgungsniveau bei gleichzeitig angemessenen Beitragssätzen gesichert werden.
Sollen Solidarität und Gerechtigkeit angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, der alternden Gesellschaft, der europäischen Integration und der Globalisierung gesichert werden, brauchen wir einen Aufbruch, der das Soziale neu denkt. Denn keine der großen Säulen des Sozialstaates ist ohne tiefgreifende strukturelle Korrekturen zukunftsfähig. Sicher aber ist eins: Wenn wir nichts ändern, keine Reformen wagen, dann setzen wir den Sozialstaat aufs Spiel. Wenn nichts getan wird, dann werden im Ergebnis die sozial Schwachen die Leidtragenden sein.
Dabei geht es nicht um Veränderung als Selbstzweck. Wir dürfen die Frage nach dem „Wozu“ nicht aus den Augen verlieren. Es geht um den Menschen, um seine Sicherheit im Alter, bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit, es geht um soziale Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den gesellschaftlichen Schichten und zwischen den Generationen. Daher haben sich CDU/CSU und SPD, in ihrem Koalitionsvertrag vom 11. November 2005, für den Bereich Gesundheitspolitik auf folgende Leitlinie geeinigt: „Dabei ist unser Leitbild die Sicherung eines leistungsfähigen und demografiefesten Gesundheitswesens mit einer qualitativ hoch stehenden Versorgung für die Patientinnen und Patienten sowie die Gewährleistung einer solidarischen und bedarfsgerechten Finanzierung.“
Die große Koalition unter Führung von Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel steht für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass die große Koalition entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft unseres Landes vornimmt. Mit einigen wenigen Gesetzesänderungen, die die Beitragssätze für einen kurzen Zeitraum stabil halten und das System noch komplizierter gestalten, ist es aber nicht getan. Daher haben CDU/CSU und SPD die Eckpunkte zu einer Gesundheitsreform 2006 vorgelegt. Viel ist über diese bereits gesagt und geschrieben worden – vor allem, das Negative. Die vorgelegten Eckpunkte und insbesondere der Gesetzentwurf sind aber doch wesentlich besser, als sie in den Medien vielfach dargestellt werden. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur einige Beispiele aufzeigen, wo sich das Leistungsangebot für die Versicherten verbessert:
• die ambulante und stationäre Rehabilitation für die Geriatrie wird zur
Pflichtleistung,
• werden auch Mutter-Vater-Kuren zu Pflichtleistungen statt Kann-Leistungen,
• für Menschen mit Behinderung wird dauerhaft sichergestellt, dass sie einen Rechtsanspruch auf Hilfsmittel haben,
• kommt es zu einer wesentlichen Verbesserung der Versorgung und Vergütung der Palliativversorgung,
• die häusliche Krankenpflege wird ausgeweitet,
• Impfungen werden Pflichtleistung statt Kann-Leistung,
• die Wahlmöglichkeiten der Versicherten wird gestärkt,
• die Vergütung der Ärzte wird nachhaltig verbessert,
• für die ländlichen Regionen mehr Geld zur Verfügung steht und dadurch die drohende ärztliche Unterversorgung auf dem Land gestoppt wird.
Aber auch für die Menschen, die ohne Versicherungsschutz sind, weil sie z.B. die Beiträge für die private Krankenversicherung nicht mehr zahlen konnten, haben wir eine Lösung gefunden. Diese Menschen ohne jeden Krankenversicherungsschutz, nach Schätzungen sollen es bis zu 200.000 sein, erhalten nun ein Rückkehrrecht zur privaten Krankenversicherung in einen Basistarif. Dieser Basistarif beinhaltet unter anderem:
• den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung und
• wird zu bezahlbare Prämien angeboten.
Auch der Wettbewerb um die beste Versorgung der Patientinnen und Patenten wird gestärkt, so werden zum Beispiel die Krankenkassen in einen verschärften Wettbewerb untereinander geschickt, bekommen diese dafür aber auch mehr Kompetenzen. Die Einzelkassen werden zukünftig über:
• Hausarzttarife,
• Integrationsverträge und
• Rabattverträge von Arzneiherstellern sowie Apotheken
• eigenverantwortlich entscheiden können.
Wir haben ein modernes und leistungsfähiges Gesundheitswesen, das allen Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung und zugleich rund 4,2 Millionen Beschäftigten und Selbständigen Arbeitsplätze bietet. Das Gesundheitswesen ist damit eine dynamische Wirtschaftsbranche mit Innovationskraft und erheblicher ökonomischer Bedeutung für den Standort Deutschland. Damit dies so auch in Zukunft bleibt, haben wir die entsprechenden Änderungen auf den Weg gebracht. Deshalb werde ich auch am Freitag im Deutschen Bundestag zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Hans Georg Faust MdB