Frage an Hans-Georg Faust von Bernd K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Faust!
Der niedersächsischen Presse unter Führung der HAZ war heute zu entnehmen, dass die gegenwärtige "Transportflaute...die Bahn hart treffe". Im einzelnen bedeutet das u.a., dass die Güterbahn bereits in den roten Zahlen wirtschaftet und dass der Gewinn im Fernverkehr (= IC und ICE) "trotz stabiler Passagierzahlen um mehr als zwei Drittel ... zusammengeschmolzen" sei.
So ändern sich die Zeiten! Sie werden sich gewiss daran erinnern, dass erst vor zwei bis drei Jahren die damalige Bahnführung das gesamte Leinetal zwischen Göttingen und Hannover vom schnellen, komfortablen und noch halbwegs preiswerten IC-Verkehr abgekoppelt hat mit der bemerkenswerten Begründung, die im Vergleich zur ICE-Neubautrasse "langsamere" Strecke durchs Leinetal werde für den damals boomenden Güterverkehr benötigt und im übrigen bestehe ja die Möglichkeit, Hannover oder Göttingen in den Nahverkehrszügen der metronom AG zu erreichen und dort auf die ICEs der Bahn umzusteigen. Nach Protesten gibt es derzeit wohl noch je eine Früh- und eine IC-Spätverbindung durchs Leinetal, die primär auf die Bedürfnisse der Pendler zwischen Göttingen und Hannover zugeschnitten ist. Für alle anderen Normalsterblichen hat sich die "bahntechnische Lebensqualität" dramatisch verschlechtert; die Bahn will ihre ICs abschaffen.
In diesem Zusammenhang wüßte ich gern von Ihnen, welche Haltung Sie grundsätzlich zu einer Privatisierung der DB AG einnehmen und welche Vorteile Sie sich ggf. davon für wen versprechen.
Nach meinem derzeitigen Informationsstand fährt auch der noch amtierende Verkehrsminister Tiefensee gern mit dem Dienstwagen in seinen Jahresurlaub. Welche Möglichkeiten sehen Sie, der jetzigen und zukünftigen Unternehmungsführungen der DB AG deutlich zu machen, dass sie dem Primat der Politik und nicht ihren eigenen Allmachtsvisionen unterliegen? Welche organisatorischen Änderungen wären nötig? Welche konkreten Möglichkeiten sehen Sie, die ICs zu uns zurückzuholen?
MfG
B.K.
Sehr geehrter Herr Koch,
eine Beteiligung privaten Kapitals an den Transportbereichen ist grundsätzlich richtig, aber durch die Konjunktur- und Wirtschaftskrise zurzeit nicht machbar. Der Bund sollte nach meiner Auffassung in jedem Fall Mehrheitseigentümer bleiben und die Erlöse sollen für den Erwerb von Zügen, für die Infrastruktur, für Schienenwege, für die Sanierung von Bahnhöfen und für den Lärmschutz eingesetzt werden. Im Beschluss zur teilweisen Kapitalprivatisierung der DB AG hat sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit ihrer Forderung durchgesetzt, dass die Eisenbahninfrastruktur dauerhaft und vollständig in staatlichem Eigentum bleibt. Aus diesem Grund sind wichtige Strukturentscheidungen im Unternehmen getroffen worden. Dazu gehört die Trennung der operativen Gesellschaften von der Infrastruktur, was die Union immer gewollt hat. Netz, Bahnhöfe und Energieversorgung bleiben dauerhaft und zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes.
Wie Ihnen sicherlich noch aus der lokalen Presse bekannt ist, habe ich mich in den vergangenen Monaten mit den Auswirkungen der Verlagerung der IC-Züge von der bisherigen „Leinetalstrecke“ beschäftigt und hier auch parteiübergreifend mit den Bürgermeistern der Region intensiv zusammengearbeitet. Durch dieses gemeinsame Engagement konnte unter anderem erreicht werden, dass die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) sowohl qualitativ als auch quantitativ für eine Verbesserung des regionalen Verkehrs sorgen wird. Dies wird unter anderem durch die Verstärkung der Metronom-Züge um einen Wagen und durch die verbesserte Ost-West Anbindung, Direktverbindungen Bad Harzburg – Göttingen erfolgen (siehe hierzu auch Presseinformation der LNVG vom 16. Juli 2009).
Darüber hinaus habe ich am 21. August 2009 den Vorstand der Deutschen Bahn AG angeschrieben, um auf die sehr ärgerliche Konsequenz dieser Umstellung für Bahnreisende – für die „Doppelbefahrung“ des Leinetals muss ein Fahrgast jetzt 7 EURO pro Richtung mehr bezahlen – aufmerksam zu machen. Denn diese finanzielle Mehrbelastung erscheint mir insbesondere deswegen nicht akzeptabel, weil hier aus unternehmerischer Entscheidung heraus eine Zugverlagerung auf eine andere Strecke erfolgt, ohne dass ein sichtbarer Vorteil für den Fahrgast gegenüber der bisherigen Situation eintritt, verbunden mit weiteren Umsteigenotwendigkeit. Deshalb habe ich den Vorstand der Deutschen Bahn AG auch aufgefordert eine diesbezügliche Ausnahmeregelung zu schaffen und für die Fahrgäste den Aufpreis zu streichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Hans Georg Faust MdB