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Hans-Georg Faust
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Frage von Jens K. •

Frage an Hans-Georg Faust von Jens K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Faust,
die große Koalition hat sich entschlossen, die Zugangsvoraussetzungen zur dreijährigen Krankenpflegeausbildung abzusenken. Aus eigener beruflicher Perspektive und mit Vergleichsmöglichkeiten zu anderen EU-Staaten und im Vergleich mit ehemaligen Ostblockstaaten ist mehr als deutlich erkennbar, daß es um die Qualität der deutschen Krankenpflegeausbildung schlecht bestellt ist. Dies ist bedauerlicherweise im deutschen Bildungssystem keine Ausnahme. Warum gibt es für die Krankenpflegeausbildung keine einheitlich, qualitativ und quanitativen Lehrpläne? Dies ist in anderen EU-Staaten und selbst im sonst rückständigen Kasachstan und oder in Rußland ein Mindeststandard, Im Bereich der Altenpflege ist das Ausbildungsniveau noch wesentlich fraglicher. Auch dies hat damit zu tun, daß die Mehrzahl der Bewerber duch enorme Bildungsdefizite für die Ausbildung schlicht ungeeignet ist.
Ist ihnen bekannt, daß ein Teil der großen, auch ihnen bekannten, privaten Krankenhausketten Personalgesellschaften gegründet haben und sich quasi ihr Pflegepersonal selbst leihen. Dabei werden schändlich geringe Éntgelte bezahlt. So kommt es in den Häusern zu seltsamen Situationen, wenn Personal mit Altverträgen mit pflegerischen "Leiharbeitern" die selbe schwere Arbeit macht, aber die Bezahlung drastische Unterschiede aufweisen. Wie sie vielleicht ahnen ist auch bei alten Tarifverträgen gesichert, daß Besserverdienende nicht aus der pflegerischen Berufsgruppe kommen.
Ist ihnen bekannt, daß die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung von examinierten Pflegekräften in einer großen Anzahl von Altenpflegeheimen - auch in Niedersachsen einfach beschämend sind? Gleiches gilt für die Betreuungsqualität alter Menschen in einer Reihe von Heimen. Die Kontrollen des MDK sind trotz der neuesten Veränderungen entweder unzureichend oder die Aufgabenstellung ist falsch.
Gibt es Vorstellungen, dies zu verändern?
Mit freundlichen Grüßen
Jens Kutschmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kutschmann,

ich möchte in diesem Zusammenhang auf meine Antwort vom 28. April 2009 hinweisen, in welcher ich Ihnen meine grundsätzlichen Positionen zu Änderung des Zugangs zur Krankenpflegeausbildung dargelegt habe:
1.) Der Zugang zur Ausbildung zur „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ oder zum „Gesundheits- und Krankenpfleger“ bzw. zur „Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ oder „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger“ war bisher auch schon mit einem Hauptschulabschluss grundsätzlich möglich (vgl. hierzu § 5 Krankenpflegegesetz, Abs. 1 Ziffer 3, in der Fassung 16. Juli 2003).
2.) Die Auswahl der Auszubildenden erfolgt ausschließlich durch die Leitungen der Ausbildungsstätten und diese prüfen die tatsächliche Eignung der Bewerberin/des Bewerbers.
3.) Die Qualität der Ausbildung, an deren Ende die staatliche Prüfung steht, bleibt erhalten, da an der Ausbildung selbst und ihren Anforderungen keine Änderungen erfolgen. Damit ist sichergestellt, dass die Ausbildungsabsolventen über die für die Berufsausübung notwendigen Kompetenzen verfügen.

Die vom Deutschen Bundestag am 18. Juni 2009 beschlossene Änderung des § 5 Krankenpflegegesetzes entspricht darüber hinaus den Vorgaben des Artikels 31 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG, die eine mindestens zehnjährige allgemeine Schulbildung als Zugangsvoraussetzung fordert.

Deutschland hat derzeit eine breite Basis hervorragend ausgebildeter Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger mit dreijähriger Ausbildung. Dadurch nimmt Deutschland auch im internationalen Vergleich in der Pflege einen Spitzenplatz ein, weil gewährleistet ist, dass der ganz überwiegende Teil der Pflegeleistungen durch Fachkräfte durchgeführt wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich zudem Ihrer negativen Einstellung gegenüber Hauptschülerinnen und Hauptschülern vehement widersprechen! Denn ich habe viele Hauptschülerinnen und Hauptschüler kennengelernt, die äußerst engagiert und verantwortungsvoll ihre schulische Ausbildung absolvieren und es nicht verdient haben, mit überholten Vorurteilen, wie zum Beispiel, dass sie nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen könnten, stigmatisiert zu werden.
Die Hauptschülerinnen und Hauptschüler die sich für den Beruf „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ oder zum „Gesundheits- und Krankenpfleger“ bzw. zur „Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ oder „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger“ interessieren, wissen, dass sie einen Beruf ausüben möchten, der an sie besondere Herausforderungen – sowohl psychisch als auch physisch – stellt und dass sie hier jederzeit Höchstleistungen zu erbringen haben. Deswegen sind sie schulisch auch besonders motiviert und schließen mit guten Ergebnissen ab. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Äußerungen des Diakonischen Werks der EKD bzw. des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbands hinweisen, der in einem Anschreiben an den Gesundheitsausschuss die Eröffnung neuer Ausbildungsperspektiven in den Pflegeberufen für junge Menschen mit einem Hauptschulabschluss auch grundsätzlich begrüßt hat.

Im Jahr 2004 hatte die Gewerkschaft „ver.di“ die beiden Fallstudien „Privatisierung von Krankenhäusern“ und „Geschäftsmodelle privater Konzerne im Krankenhaussektor“ im Auftrag gegeben. Die zentralen Ergebnisse waren für „ver.di“ sehr überraschend, da festgestellt wurde, dass:
1. „es keinem der Krankenhäuser nach der Privatisierung schlechter geht als zuvor. Tendenziell stehen die Krankenhäuser nach der Privatisierung sogar besser da.“
2. „es auffällig ist, dass alle betrachteten Konzerne effizienter als öffentliche Träger wirtschaften. Der Grund dafür sind hauptsächlich die strukturellen Änderungen die im Rahmen einer Privatisierung durchgeführt werden.“
3. „es sich zeigte, dass die Klinikkonzerne kaum Beschäftigte entlassen. Dies kann insbesondere für den medizinischen Bereich beobachtet werden. In den geführten Interviews wurde zum Teil darauf verwiesen, dass eine Personalreduktion über die Nichtbesetzung freier Stellen erzielt wurde.
4. „die vielfach befürchtete Risikoselektion, Leistungseinschränkung oder Rationierung von Leistungen konnte von den interviewten Personen nicht festgestellt werden.“
Die Ergebnisse dieser beiden Fallstudien machen deutlich, dass private Klinikbetreiber zu Unrecht einen schlechten Ruf haben.

Vom besonderen Interesse im Zusammenhang mit dem Thema „Leiharbeitern“ ist meines Erachtens, dass zum Beispiel die SPD-nahe Arbeiterwohlfahrt selber Zeitarbeitsfirmen gegründet hat und in ihren Einrichtungen „Leiharbeitnehmer“ beschäftigt. So hat die Arbeiterwohlfahrt im Ennepe-Ruhr-Kreis (AWO EN) im Jahr 2005 bereits schon das Zeitarbeits-Tochterunternehmen „PeSo GmbH“ gegründet und führt in ihrem Geschäftsbericht 2008 diesbezüglich aus, dass „(…)sich der mit der Zeitarbeit erhoffte „Klebeeffekt“ realisiert hat. Allein 2007 konnten neun Leiharbeitnehmer der PeSo GmbH (18,37%) in Arbeitsverhältnisse mit der AWO EN übernommen werden. (…)“. Oder die evangelische Kirche bzw. die Diakonie, die ebenso Unternehmensbereiche auslagern oder Servicegesellschaften gründen. Als Beispiel sei hier nur die Gründung einer „Leiharbeitsfirma“ durch die Rummelsberger Diakonie angeführt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Hans Georg Faust MdB