Frage an Hans-Georg Faust von Gabriel Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Faust,
ich begruesse ausdrücklich wirkungsvolle Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinder-Pornographie!
Nun habe ich allerdings einige Fragen zur aktuell geplanten Änderung des Telemediengesetzes.
Worauf stützt sich die Annahme, daß eine Beschränkung des Internet-Verkehrs (durch Sperrung von IP-Adressen etc.) die Anzahl der für Pornographie missbrauchten Kinder reduzieren wird? (Daran gibt es, wie Sie sicherlich wissen, erhebliche Zweifel.)
Wieviele IT-Experten haben im Bundestag schon zu diesem Thema gesprochen?
Wie wird sichergestellt, daß nicht weitere Internet-Adressen auf dem Index landen, die nichts mit Kinderpornographie zu tun haben.
Welche Kontrollinstanzen sollen für den geplanten Index eingerichtet werden?
Wie Sie sicherlich wissen, ist es relativ einfach, Standorte der Server aufzuspüren, von denen Kinderpornographie kommt; Sie wissen sicher auch, daß die meisten derartigen Server in Europa, USA, oder Australien stehen. Wieso werden nicht schon längst durch eine Polizeieinheit diese Server systematisch aufgespürt, abgeschaltet, und die Betreiber zur Verantwortung gezogen?
Wie stehen Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises, und wie steht Ihre Partei zu diesen Fragen?
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Gabriel Zachmann.
Sehr geehrte Frau Zachmann,
in Schweden gibt es Internet-Sperren bereits seit 2006. Dort werden durch das schwedische Bundeskriminalamt, das mithilfe automatisierter Programme Internet-Inhalte mit Kinderpornografie identifiziert, rund 50.000-mal täglich Seiten mit kinderpornografischen Inhalten blockiert. Insgesamt sind rund 5.000 Internet-Seiten völlig gesperrt. Die schwedische Polizei arbeitet dabei eng mit ihren Kollegen in Norwegen, Dänemark und Finnland zusammen. Zudem berücksichtigt die Polizei auch Sperrempfehlungen der internationalen Organisation gegen Kindermissbrauch „ECPAT". Die vom schwedischen Bundeskriminalamt erstellte Sperrliste wird an die Internet-Anbieter weitergeleitet. Alle großen Anbieter übernehmen die Liste und sperren dann entsprechend den Zugang. Nach Angaben der norwegischen Polizeibehörden werden dort jeden Tag an die 18.000 Zugriffe auf kinderpornografische Seiten abgewehrt. Nach Angaben des Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Herrn Jörg Ziercke, habe der Vertrieb kinderpornografischer Bilder und Videos zwischen 2006 und 2007 in Deutschland um 55 Prozent insgesamt zugenommen. Im vergangenen Jahr hätten die Behörden 11.357 Fälle ermittelt; 2006 seien es noch 7.318 Fälle gewesen. Im Internet habe sich die Zahl der Fälle im gleichen Zeitraum sogar um 111 Prozent mehr als verdoppelt: von 3.271 auf 6.206 Fälle. Immer häufiger werden laut BKA sogar Kleinstkinder missbraucht. Mittlerweile seien zwölf Prozent der Opfer noch keine sechs Jahre alt, auch unter Dreijährige seien betroffen. Die Betreiber kinderpornografischer Seiten nähmen jeden Monat Millionenbeiträge ein.
Diese Erkenntnisse des BKA wurden auch durch die Angaben von Julia von Weiler und Carmen Kerger, die für die Opferschutzorganisationen "Innocence in Danger" und "Dunkelziffer" arbeiten, eindeutig bestätigt und sie forderten darüber hinaus auch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen zum Schutz der Kinder.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auch auf die Pressemitteilung der Deutschen Kinderhilfe zum Auftakt der Kampagne „Stop! – Meine Stimme gegen Kinder“pornografie“ im Internet“ aufmerksam machen und zitiere aus dieser wie folgt: „Gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Georg Ehrmann sammelten Teams der Deutschen Kinderhilfe LV Nordrhein-Westfalen anlässlich des Bundesligaspiels Arminia Bielefeld gegen Hoffenheim in nur 2 Stunden mehr als 2.000 Unterschriften für das „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen“. Dies war der Auftakt der bundesweiten Sammelaktion mit dem Ziel, bis Ende Mai mindestens 100.000 Unterschriften für die geplante Sperrung kinder“pornografischer“ Seiten nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten zu sammeln. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger äußerten in Gesprächen eine große Sympathie für die Aktion. Spontan nahmen sie Unterschriftenlisten mit, um selbst weitere Unterschriften zu sammeln. „Mit dieser Aktion setzt die Deutsche Kinderhilfe ein klares Signal, dass dieser erste kleine Schritt der Politik nicht durch unberechtigte Sorgen vor einer generellen Zensur des Internets verhindert werden darf. Dieses Gesetz ist eine reine Zugangserschwerung und muss als Teil weiterer notwendiger Schritte gesehen werden. Die Politik ist daher aufgefordert, es nicht bei diesem Gesetz zu belassen. Weitere Maßnahmen müssen folgen! Die Länder sind aufgefordert, mehr hoch qualifizierte Sonderermittlungsstellen einzurichten, ferner muss gegen Betreiber einschlägiger Server ebenso konsequent vorgegangen werden wie gegen die Nutzer pädokrimineller Angebote im Netz. Eine enge internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden ist ebenso geboten wie die Anfertigung einer internationalen schwarzen Liste. Auf dieser Liste müssen die Länder verzeichnet werden, die sich weigern, gegen Server mit pädokriminellen Inhalten vorzugehen und/oder die Zusammenarbeit mit deutschen Strafverfolgungsbehörden ablehnen. Darüber hinaus ist eine Reform des Strafrechts zwingend notwendig. Das Strafmaß für das Herunterladen dieser widerwärtigen Gewaltvideos muss endlich erhöht werden: immer noch wird das Herunterladen von Software und Hollywood-Filmen härter bestraft als das von pädokriminellen Dateien“, so RA Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe gestern in Bielefeld.“
Der von Union und SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (16/12850) wird im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie am Mittwoch, 27. Mai, von 11.00 bis 13.00 Uhr, erörtert werden. Die Anhörung findet im Jakob-Kaiser-Haus im Sitzungssaal 1.302 statt. Zu dem Gesetzentwurf sollen neun Experten Stellung nehmen. Darunter sind unter anderem Vertreter des Bundeskriminalamtes, des Branchenverbandes Bitcom und die Medienwissenschaftlerin Korinna Kuhnen. Aus juristischer Sicht sollen unter anderem Bundesrichter Peter-Jürgen Graf (Bundesgerichtshof) und Professor Ulrich Sieber (Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht) Stellung nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans Georg Faust, MdB