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Hanno von Raußendorf
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Frage von Alexandra U. •

Steht BSW für einen Verbleib Deutschlands in der EU?

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Das BSW strebt ein selbstbewusstes Europa souveräner Demokratien an. Die immer weitere Zentralisierung von Macht bei der EU-Kommission lehnen wir ab. Wir setzen dagegen auf gleichberechtigte Kooperation, gemeinsame wirtschaftliche Projekte, einen einheitlichen Binnenmarkt mit fairen Regeln und kulturellem Austausch. Wir sind überzeugt, dass auf diesem Weg letztlich mehr europäische Einigkeit, eine bessere europäische Zusammenarbeit und mehr gemeinsame europäische Lösungen erreicht werden können als auf dem Weg der politischen Integration.

Viele Menschen erleben das Europa der Brüsseler Institutionen mittlerweile weniger als persönlichen Freiheitsgewinn denn als Freiheit für multinationale Unternehmen, regionale Anbieter auszubooten und eine Konkurrenz, um die niedrigsten Löhne und schlechtesten Arbeitsbedingungen anzufachen.

Statt erfolgreicher europäischer Zusammenarbeit erleben Bürger und Unternehmen eine zunehmend ausufernde Regelungswut der EU und Berichtspflichten, die den in Brüssel einflussreichen Lobbys nützen und dem Mittelstand besonders schaden. Seit vielen Jahren ärgern sich die Menschen über Erpressungsversuche der Europäischen Union, mit der die Privatisierung öffentlicher Dienste erzwungen werden soll und über Angriffe auf die Daseinsvorsorge in ihren Städten und Gemeinden. Letzteren wird es immer schwerer gemacht, regionale Anbieter zu unterstützen oder öffentliche Leistungen kostengünstig anzubieten.

Die abgehobene Politik ferner, demokratisch kaum kontrollierter EU-Technokraten empfinden viele Menschen zurecht als Angriff auf die Demokratie und als Bedrohung für ihre Kultur und Identität. Die Integration Europas in Richtung eines supranationalen Einheitsstaats hat sich als Irrweg erwiesen, der Europa eher spaltet, als eint. Statt zu mehr Gemeinsamkeit und großen europäischen Antworten auf die Probleme unserer Zeit hat die Zentralisierung von Entscheidungskompetenzen in Brüssel zu wachsenden Spannungen und Konflikten geführt, die ein abgestimmtes Vorgehen behindern.

Das liegt auch daran, dass die EU mit jedem Erweiterungsschritt unterschiedlicher geworden ist. Die Wahrscheinlichkeit, sich auf gemeinsame Ziele einigen zu können, wird damit immer kleiner, und der Versuch, Ländern per Mehrheitsbeschluss eine Politik aufzuzwingen, die vor Ort nicht akzeptiert wird, erzeugt Ablehnung und Feindseligkeit und ist am Ende ohnehin meist gescheitert.

Wie die wachsende Zahl ungelöster Probleme zeigt, befindet sich der europäische Einigungsprozess in einer Sackgasse. Endlose Beratungen und Verhandlungen münden immer häufiger nicht in spürbaren Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger der EU, sondern in kraftlosen Formelkompromissen. Der kleinste gemeinsame Nenner ist oft schlechter als ambitionierte nationale Regelungen.

Dabei ist die zunehmende Unfähigkeit zu gemeinsamem Handeln ein ernstes Problem. Denn viele Fragen können die Staaten der EU nur gemeinsam beantworten: Von der Digitalisierung über den Klima- und Umweltschutz, die Technologiepolitik, eine abgestimmte Steuerpolitik, die dem Steuerdumping der Konzerne einen Riegel vorschiebt, bis zu einer vernünftigen Finanzmarktregulierung, von einer eigenständigen europäischen Außenpolitik bis zu einer Antwort auf die zunehmenden Konflikte in der Welt. Zu den großen Aufgaben, die auf eine gemeinsame Lösung warten, gehört auch eine europäische Digitalstrategie, die uns von den US-Datenkraken ebenso unabhängig macht, wie von chinesischen IT-Ausrüstern. Dazu gehört ein europäisches Zahlungssystem, das europäische Souveränität gegenüber Washingtoner Sanktionsdrohungen ermöglicht. Wir brauchen eine Reindustrialisierung Europas, die Arbeitsplätze und Wohlstand zurückbringt, statt einer Energie- und Sanktionspolitik, die Europa weiter zurückwirft und dazu führt, dass die Europäer im Großkonflikt zwischen den USA und China zerrieben werden. Wichtige Aufgaben für die EU gibt es genug, wir wollen, dass sie ihnen gerecht wird.