Frage an Hanka Kliese von Andreas G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Kliese,
Eine Frage zur Bildungspolitik. Gemäß dem Schulgesetz für den Freistaat Sachsen gilt für Grundschulen für die erste einzurichtende Klasse je Klassenstufe eine Mindestschülerzahl von 15 Schülern (§4a Absatz 1). Unter §4a Ansatz 4 werden einzelne Punkte aufgezählt, wann es in begründeten Ausnahmefällen zu Abweichungen von dieser Mindestschülerzahl kommen kann. Bei diesen gibt es sicherlich jeweils einen gewissen Ermessensspielraum.
In Chemnitz besteht immer wieder die Gefahr, dass insbesondere in den Randbereichen (bspw. Mittelbach, Klaffenbach, Kleinolbersdorf) die erwähnte Mindestschülerzahl nicht erreicht wird und die Schließung der Grundschule droht. Im ländlichen Raum ist dies sicher noch dramatischer.
Wie stehen Sie und Ihre Partei zum Konzept der Einklassenschulen oder auch Mehrklassenschulen, in denen beispielsweise je zwei oder je drei Jahrgangsklassen gemeinsam unterrichtet werden? Dieses Konzept wird im europäischen Ausland in dünn besiedelten Gebieten, jedoch auch im Stadtrandbereich, bereits seit Jahrzehnten umgesetzt. Wichtige Infrastruktur vor Ort kann so erhalten werden und den Grundschülern bleiben weite Wege erspart.
Bitte begründen Sie, welche Punkte aus Ihrer Sicht dafür oder dagegen sprechen. Wäre evtl. auch eine Lockerung der Mindestschüleranzahl im Schulgesetz aus Ihrer Sicht ein erster Schritt?
Vielen Dank und viele Grüße
Sehr geehrter Herr G.,
gern beantworte ich Ihre Fragen. meine Partei begrüßt jahrgangsübergreifenden Unterricht und hat in der nunmehr ablaufenden Legislatur dazu einen Antrag im Sächsischen Landtag zur Anhörung gestellt sowie verabschiedet. Jahrgangsübergreifender Unterricht bzw. jahrgangsübergreifendes Lernen (jüL) wird derzeit von einer ein paar Grundschulen im ländlichen Raum genutzt, um den Schulstandort zu erhalten. Das Schulgesetz kennt in §4b die Ausnahme, dass außerhalb der Mittel- und Oberzentren bereits 15 Schüler für zwei Jahrgangsstufen im übergreifenden Unterricht ausreichen. Das Schulgesetz kennt aber auch in §5 (2) den jahrgangsübergreifenden Unterricht als generelle Option für Grundschulen. Von dieser machen bislang nur drei Grundschulen in Sachsen Gebrauch. Voraussetzung in beiden Varianten ist ein pädagogisches Konzept und qualifizierte Lehrkräfte. Der auf Initiative der SPD verabschiedete Antrag stellt die Qualifikation von Lehrkräften, den Aufbau eines Netzwerkes der jüL-Schulen sowie zusätzliche Ressourcen für die jüL-Schulen sicher.
Wie Sie sehen können, unterstützen wir als SPD aktiv den jahrgangsübergreifenden Unterricht. Mit Blick auf den Lehrermangel hat man sich während der Schulgesetznovelle auf den oben dargestellten Kompromiss zu Mindestschülerzahlen geeinigt. So sichern wir den Erhalt von Schulstandorten im ländlichen Raum. In den Großstädten Chemnitz, Dresden und Leipzig gibt es in der Summe einen Schüleraufwuchs. Hier muss die Stadt als Schulträger über einen geschickten Zuschnitt der Grundschulbezirke zur Sicherung der Schulstandorte beitragen.
Die SPD verfolgt im Übrigen mit dem längeren gemeinsamen Lernen und der Einführung der Gemeinschaftsschule als zusätzliche Schulart auch das Ziel, das Schulnetz zu erhalten und an einigen Stellen zu verdichten, um kurze Schulwege zu ermöglichen. Im vorliegenden Gesetzentwurf des Volksantrages „Längeres gemeinsames Lernen in Sachsen“ spielt das pädagogische Konzept eine besondere Rolle. Dieses soll auch jahrgangsübergreifenden Unterricht vorsehen können. Insgesamt sollen Gemeinschaftsschulen dort entstehen können, wo Eltern, Lehrer, Schüler und Schulträger dies gemeinsam wollen, d.h. von der gesetzlich eingeräumten Option Gebrauch machen. Da es um eine Öffnung des sächsischen Schulsystems geht, unterstütze ich diesen Weg. Für die SPD ist klar, dass in der kommenden Legislatur die Gemeinschaftsschule kommen muss.
Mit den besten Grüßen
Hanka Kliese