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Halina Wawzyniak
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Frage von Marc E. •

Frage an Halina Wawzyniak von Marc E. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Wawzyniak,

in der Debatte zur Reform des Sexualstrafrechts fordern Sie mit vielen anderen eine Verschärfung des Gesetzesentwurfes unter der Parole "Nein heißt Nein".

Ich möchte Sie fragen, wie Sie unter diesen Aspekt Falschanschuldigungen von Frauen und Männern vorbeugen wollen? Gerade bei Seitensprüngen ist es schnell gesagt, dass man "nein" sagte und dies ignoriert wurde. Durch die von Ihnen geforderte Verschärfung wird Falschanschuldigungen Tür und Tor geöffnet. Jedoch sollte dies vorgebeugt werden.

Ich gehe davon aus, dass Sie dies berücksichtigt haben. Ich nehme auch an, dass Sie berücksichtigt haben, dass zwar grundsätzlich die Falschaussage strafbar ist, dies aber bei einem subjektiven Willen wie der Behauptung "nein" gesagt zu haben, in einer Zwei-Personen-Konstellation faktisch nicht möglich ist. Ich möchte daher wissen, wie dies in Ihrem möglichen Gesetzesentwurf abgebildet wird, dass Falschanschuldigungen unterbunden werden, gerade in Anbetracht, dass in den Sexualfällen Aussage gegen Aussage steht.

Oder nehmen Sie die Verurteilung Unschuldiger Personen in Kauf, um das "nein heißt nein" durchzusetzen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Eichhardt,

ich verweise zunächst auf den Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE., nach dem sie explizit gefragt haben. Link: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/077/1807719.pdf

Wie Sie diesem Gesetzentwurf entnehmen können, heißt es darin: "Der unverhandelbare und im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ (sogenannter In-dubio-pro-reo-Grundsatz) bringt es mit sich, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung in sog. Zweierkonstellationen nicht zwingend zu mehr Verurteilungen führen wird. Dies muss ehrlichkeitshalber dazu gesagt werden. Denn bei Sexualdelikten ist die mangelnde Beweisbarkeit häufig das Problem. Oftmals können Beweismittel nicht gesichert werden und es entsteht ohne die Anwesenheit von Zeuginnen oder Zeugen häufig eine Aussage-gegen-Aussage-Situation von zwei Personen.

Lassen Sie mich aber ergänzend meine Verwunderung zum Ausdruck bringen, dass die Frage der sog. Falschbeschuldigung fast ausschließlich beim Schutz der sexuellen Selbstbestimmung thematisiert wird. Die Möglichkeit der Falschbeschuldigung stellt sich nicht nur bei Sexualdelikten, sondern bei vielen anderen Delikten des Strafrechts, insbesondere in sog. Zweikonstellationen. Soweit ich das recherchieren konnte, gibt es keine Statistik, welche die Falschbeschuldigungen erfasst und demzufolge auch keine Statistik zu Falschbeschuldigungen im Hinblick auf bestimmte Delikte.

Richtig ist, dass sich nirgendwo Falschbeschuldigungen ausschließen lassen. Gerade deshalb ist der Grundsatz "in dubio pro reo" unverhandelbar. Was wir allerdings aus sog. Dunkelfeldforschungen (vgl. insoweit zum Beispiel http://kfn.de/wp-content/uploads/Forschungsberichte/FB_122.pdf , S. 147 ff.) wissen, wird nur ein geringer Teil der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zur Anzeige gebracht. Dies hat sicherlich auch etwas mit der Wahrscheinlichkeit und der Retraumatisierung im Rahmen des Strafprozesses zu tun.

Die Falschbeschuldigung ist nach § 164 StGB im Übrigen mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug strafbar. Dieses Strafmaß liegt damit oberhalb des Strafmaßes, welches im Gesetzentwurf der LINKEN zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung (§ 174 Abs. 1 und 2 GE-LINKE) liegt. Vor diesem Hintergrund sehen wir an dieser Stelle keinen Handlungsbedarf.

Mit freundlichen Grüßen

Halina Wawzyniak