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Halina Wawzyniak
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Frage von Herbert R. •

Frage an Halina Wawzyniak von Herbert R. bezüglich Recht

Unternehmenseinfluss über dem Umweg der „unabhängigen“ Wissenschaft auf die Justiz?

Sehr geehrte Frau Wawzyniak,

dem BGH-Urteil zur Kündigung von Bausparverträgen http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kuendigung-von-bausparvertraegen-nicht-nur-verbraucherunfreundlich-sondern-falsch-1.3389514 sollten Diskussionen folgen.

Die BGH-Entscheidung geht auf eine Kommentierung von Prof. Peter O. Mülbert zurück.
Dessen Institut wird von der Finanz-Branche getragen: http://institut-kreditrecht.de/willkommen/traeger/

BGH-Richter Jürgen Ellenberger ist gern gesehener Gast auf Bank(Rechts)tagungen. Beispiel: https://www.fc-heidelberg.de/Upload/Seminare/Prospekt_15HeidelbergerBankrechtsTage_151003.pdf
Dort scheint er sich unter Vertretern der Finanzindustrie (auch der Bausparkasse Schwäbisch Hall) sehr wohl zu fühlen.

Richter Ellenberger scheint gleichzeitig gute Kontakte zu Prof. Mülbert zu pflegen. Offenbar mögen sich die beiden?
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kuendigung-von-bausparvertraegen-tag-der-entscheidung-fuer-bausparer.3c9b255d-3dce-4ecb-8c5c-2c4567dc29c8.html

All diese Informationen verwirren mich nun leicht! Funktioniert so etwa „demokratischer Rechtsstaat“? Wer führte hier Regie? Etwa interessierte Kreise / Lobbyisten?

Frau Wawzyniak: auf alle relevanten Bereiche unserer Gesellschaft erfolgt massive Einflussnahme durch Lobbyisten. Generell: bewerten auch Sie diese immer weiter zunehmende Einflussnahme kritisch? Falls ja, was tun Sie persönlich dagegen?
Spezieller Fall „Kündigung Bausparverträge“: nimmt auch Ihre Nase einen „Geruch von Fäulnis“ wahr? Ich werde diesen Geruch nicht mehr los....

Ihrer Rückantwort sehe ich mit sehr großem Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

Herbert Richter

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Richter,

zum konkreten Urteil kann ich leider nichts sagen, da ich es mir bisher nicht angeschaut habe.

Mit Lobbyismus gehen wir Politikerinnen und Politiker jeden Tag um, denn es ist normal, dass Menschen sich zusammentun und ihre Interessen auch gegenüber dem Gesetzgeber und der Regierung vertreten. Wir bekommen Briefe, Anrufe und Mails, Menschen wenden sich mit verschiedensten Anliegen an uns. An sich sehen wir es sehr positiv, wenn die Politik vor der Schaffung von Regeln mit Betroffenen spricht und an einem Interessenausgleich interessiert ist.
Problematisch wird Lobbyismus, wenn einzelne Player sich unlautere Vorteile verschaffen – und das tun in der Regel Unternehmen und Verbände mit großen Ressourcen. Deren Einflussnahme setzt zumeist lange vor dem parlamentarischen Prozess ein.

DIE LINKE will, dass der Einfluss von Interessengruppen im politischen Prozess insgesamt auf der Ebene des Bundes sichtbarer und nachvollziehbarer wird. Deswegen haben wir ein ganzes Maßnahmenpaket vorgeschlagen, in dessen Kern ein verpflichtendes Lobbyistenregister steht, das aber viele weitere Vorhaben umfasst (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/038/1803842.pdf). Zum einen wollen Bürgerinnen und Bürger wissen, wie Entscheidungen, die sie betreffen, zustande kamen. Denn sie haben zwar die Abgeordneten gewählt, nicht aber die Interessenvertreter, die der Verwaltung und dem Parlament ihren Stempel aufdrücken. Natürlich kann es wahlentscheidend sein, wenn eine Fraktion im Bundestag besonders gern Lobbyinteressen der Wirtschaft verwirklicht, andere hingegen nicht. Aber Transparenz im Gesetzgebungsprozess ist noch aus einem anderen Aspekt heraus wichtig: dem der Waffengleichheit zwischen verschiedenen Interessengruppen. Wir verteufeln nämlich – entgegen anderslautenden Gerüchten – Lobbyismus nicht. In modernen politischen Prozessen ist Interessenvertretung ein normales Phänomen, das nicht nur von Wirtschaftsunternehmen, sondern auch von NGOs, Gewerkschaften, Forschungseinrichtungen, Bürgerinitiativen oder sogar von Bundesländern betrieben wird.

75 Prozent der Gesetzentwürfe werden von der Bundesregierung ins Parlament eingebracht. Gut ausgestattete und vernetzte Lobbyisten wissen, dass eine frühzeitige Einflussnahme in den Ministerien am meisten wirkt. Ich erinnere nur mal an den massiven Einfluss der Automobilindustrie auf das Agieren der Bundesregierung bei den Schadstoffgrenzwerten. Oder an den Einfluss der Energiewirtschaft auf die Regularien beim Atomausstieg. Deswegen setzt unsere Transparenzoffensive auch bei den Verwaltungen an. Jeder Gesetzentwurf soll einen Fußabdruck zum Lobbyeinfluss enthalten: wer hat wann und mit welchem Ziel an diesem Gesetzentwurf mitgearbeitet? Das soll für jeden und jede nachvollziehbar werden.

Selbst viele der Lobbyisten selbst sehen ein solches Register positiv, hilft es ihnen doch, aus der Grauzone der unberechtigten Einflussnahme herauszukommen. Die einzige Partei im Bundestag, die ein solches Register nicht will, ist die Union. Als Argument führt sie an, dass die Arbeitsmöglichkeiten der Abgeordneten durch mehr Transparenz bei der Tätigkeit von Lobbyisten eingeschränkt würden. Dabei würde keine Abgeordnete und kein Abgeordneter bei Umsetzung unserer Vorschläge zu etwas verpflichtet. Geregelt wird ausschließlich die Tätigkeit von Interessenvertretern im politischen Prozess.

Mit freundlichen Grüßen
Halina Wawzyniak