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Halina Wawzyniak
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Frage von Matthias G. •

Frage an Halina Wawzyniak von Matthias G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Wawzyniak,

am 14. November haben sie im Plenum an der Debatte zum Thema Störerhaftung teilgenommen und in ihrem Beitrag folgende Analogie benutzt:
"Stellen Sie sich einfach einmal vor, Sie fahren mit Ihrem Auto eine Straße entlang. Dann passiert es: Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, zu spät gebremst, und Sie fahren mit Ihrem Auto auf das Auto Ihres Vordermanns oder Ihrer Vorderfrau auf. Normalerweise ist das eine sehr teure Angelegenheit. Aber zum Glück brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen; denn Sie waren ja auf einer Straße unterwegs, und deswegen werden nicht Sie für den Unfall belangt, sondern ein Dritter. Schließlich hatte der Dritte Ihnen die Straße zur Verfügung gestellt, und hätte er dies nicht getan, hätten Sie darauf nicht fahren können und hätten auch keinen Unfall bauen können. Ergo muss der Dritte für den entstandenen Schaden geradestehen und nicht Sie."

Wie sie erläutert haben, hat der Besitzer der Straße selbstverständlich nicht für den Schaden aufzukommen. Aber ist es nicht nötig, dass der Verursacher des Schadens ermittelt werden kann, also nicht anonym ist? Andernfalls würde der Geschädigte auf seinen Kosten sitzen bleiben.

Vielleicht funktioniert Ihre Analogie in diesem Punkt nicht. Vielleicht ist es ok, einen anonymen Internetzugang zu haben. Aber ist das Problem nicht, dass die Befürworter der Störerhaftung denken, dass Ihre Analogie in diesem Punkt funktioniert und Kriminalität nicht mehr verfolgbar werden würde und damit ausufern würde?

Mich interessiert eine gute Begründung von Ihnen, warum anonymer Internetzugang trotz möglicher Kriminalität funktioniert. In anderen Ländern, wo es freies WLAN gibt, scheint es kein großes Problem zu sein. Warum ist das so? Warum ist es ok, wenn auch Kriminelle nicht über ihren Anschluss zu identifizieren sind?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Grundmann,

vielen Dank für Ihre Frage! Sie haben natürlich Recht, dass diese Analogie nicht hundertprozentig das Problem der Störerhaftung beim Betreiben offener WLANs beschreibt. Das tun Analogien nie. Sie verdeutlicht aber das Kernproblem der Störerhaftung: Der Betreiber oder die Betreiberin eines offenen WLANs wird für Straftaten, die andere begehen, bestraft. Der Vergleich verdeutlicht dies, wie ich finde, sehr gut, und er zeigt vor allem denjenigen, die nicht so sehr in der Materie stehen, das Kernproblem nachvollziehbar auf.

Bleibt das Problem mit der Anonymität im Netz. Internetnutzerinnen und -nutzer haben heutzutage viele Möglichkeiten, das Internet anonym zu nutzen. Ich persönlich bin sehr dafür, dass sich Menschen anonym und pseudonym im Internet bewegen dürfen. Gerade in Zeiten umfassender Überwachung durch Geheimdienste ist das dringender denn je notwendig. Darum halte ich es auch für unproblematisch, wenn durch offene WLANs eine anonyme Nutzung ermöglicht wird. Wie Sie schon richtig erwähnten, wird dies in anderen Ländern genauso gehandhabt. Die Befürworter der Abschaffung der Störerhaftung sind daher nicht der Ansicht, dass die Kriminalität ausufern würde, wenn WLANs offen für alle anonym nutzbar sind. Sie sind vielmehr der Auffassung, dass die Missbrauchsgefahr offener WLANs deutlich geringer ist als in der Diskussion oft suggeriert wird. Das zeigen andere Länder, in denen offene WLANs gang und gebe sind. Zum Beispiel belegt das ein Blick in die USA. Dort werden Urheberrechtsverstöße bekanntlich stark verfolgt und sanktioniert. Trotzdem existiert dort keine Störerhaftung und Funknetze können anonym genutzt werden. Ähnlich sieht es in Großbritannien aus. Ergebnis ist, dass in diesen Ländern offene WLANs weit verbreitet sind. Ein nennenswerter Anstieg der Urheberrechtsverstöße oder anderer Straftaten ist dort aber nicht zu verzeichnen gewesen.

Letztlich überwiegen die vielen Vorteile offener WLANs, so dass die Störerhaftung beim Betreiben offener WLANs abgeschafft werden sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Halina Wawzyniak