Frage an Hakki Keskin von Yücel Y. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Keskin,
aus aktuellem Anlass würde ich gerne wissen wie Sie zu der Debatte stehen das die deutsche Regierung gegen die Schließung der regierenden türkischen Partei AKP stehen.
Ist es nicht gefährlich nur alleine den Verbotsantrag zu kritisieren, ohne auch die Regierung auf die Vorwürfe aufmerksam zu machen.
Ganz aktuell der Vorfall der Berliner SPD-Abgeordneten Dilek Kolat welcher in der Türkei ein Ausschank von Alkohol verweigert wurde, da sonst die in Istanbul regierende AKP sofort das Hotel schließen würde.
http://www.news.at/index.html?/articles/0822/15/206940.shtml
Hr. Erdogan hat die Taliban in Afghanistan besucht, einen verbündeten von Bin Laden.
Hr. Erdogan vertiet die Auffassung das die Demokratie nur ein Transportmittel ist um ans Ziel zukommen.
Hr. Erdogan sagt auch das er ein gläubiger Scheriatci ist und das er sich die Scheria wünscht. (21.11.1994 Zeitung Milliyet)
Er meinte man kann nicht Laizist / Sekulär sein wenn man ein Moslem ist.
Unser einziges Ziel ist ein Islamischer Staat.
Alle Schulen sollen zu Imam Hatip Schulenwerden ( 17.09.1994 / Zeitung Hürriyet)
Wir werden Istanbul zu Medina machen (17.09.1994 Zeitung Cumhuriyet)
Werbung für Bikini ist Sünde ( 06.03.1996 Zeitung Cumhuriyet)
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,483614,00.html
Staatliche Lotterie ist Sünde (29.09.1994 Zeitung Hürriyet)
Ich will nicht weiter darauf eingehen, denn ich denke das ich hier genug geschildert habe.
Ich als türkischerstsämiger deutscher Bürger kann nach meiner subjektiven Einschätzung doch zumindest für mich beurteilen das die Islamisierung einen sehr fortgeschritten Stadium ist.
Daher Frage ich Sie:
Haben Sie oder Ihre Fraktion bis dato in irgend einer weise eine Anstrengung oder Meinung dazu in Richtung derjenigen wiedergegeben das man als ein EU-Mitglied die negativen Änderungen vor allem in Richtung Islamisierung ernsthaft beobachtet und kritisiert.
Mit freundlichen Grüßen
Yücel Yildirim
Sehr geehrter Herr Yildirim,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse. Die politische Situation in der Türkei ist gegenwärtig sehr angespannt. Die Entwicklungen dort nimmt meine Fraktion sehr ernst.
Mitte Mai bin ich mit zwei anderen Abgeordneten der Linksfraktion nach Ankara und Istanbul gereist. Wir hatten vor Ort die Möglichkeit, durch Gespräche mit Regierungs- und Oppositionsvertretern, sowie auch verschiedenen Nicht-Regierungsorganisationen, uns einen besseren Einblick in die momentane Lage zu verschaffen. Man spürte deutlich, dass sich Fronten gebildet haben, die sich immer mehr zu verhärten drohen.
Was das Parteiverbot betrifft, gibt es ein Gerichtsverfahren, das man abwarten muss. Unabhängig davon denke ich aber, dass sich die AKP-Regierung die Kritik gefallen lassen muss, dass sie, mit welcher reellen Absicht auch immer, Ängste in großen Teilen der Bevölkerung ausgelöst hat. Diese Ängste müssen ernst genommen werden. In unseren Gesprächen haben wir immer wieder erlebt, dass insbesondere Frauen, aufgewachsen in einer modernen Türkei, eine schleichende Islamisierung des Landes am meisten befürchten. Einige berichteten von Ihren Erfahrungen im Alltag und waren sogar der Überzeugung, dass die versuchte Islamisierung bereits begonnen habe. Ob aber der Vorwurf gegen die AKP, sie würde das laizistische Staatssystem gefährden, rechtlichen Bestand hat, muss seitens der verantwortlichen Richter und Instanzen überprüft werden.
In diesem Zusammenhang teile ich Ihre Kritik an einseitigen und undifferenzierten Reaktionen von einigen internationalen Akteuren. Solche Stimmen waren auch aus Europa zu vernehmen, beispielsweise vom EU-Erweiterungskommissar, Olli Rehn, und dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Manuel Barroso. Ich sehe deren pauschale Äußerungen gegen das Justizsystem der Türkei und zugunsten der Regierung zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht einmal wirklich klar war, wie genau die Anklageschrift lautete, entschieden kritisch. Details zu meiner Position bezüglich des AKP-Verbotsantrags können Sie auch in meiner Pressemitteilung vom 17.03.2008 auf www.keskin.de nachlesen.
Letztendlich bin ich der Meinung, dass die Entscheidung in Bezug auf die Regierungspartei AKP, demokratische Grundprinzipien nicht verletzt darf. Gleichzeitig gilt jedoch, dass der Laizismus das unverzichtbare Fundament ist, auf dem die Republik Türkei steht. Wie Sie sehen, ist das Thema Türkei nach wie vor brisant und uns außenstehenden Beobachtern bleibt, möglichst keine pauschalen und übereilten Bewertungen vorzunehmen, denn die nützen niemandem.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Hakki Keskin