Wie hat sich die Bundesregierung bisher zur Bewältigung der verheerenden Hungersnot in Madagaskar eingebracht? Würde eine Regierung unter FDP-Beteiligung auf weitergehende Hilfeleistungen hinwirken?
Sehr geehrte Frau Jensen,
ein befreundetes Ehepaar madagassischer Herkunft aus meiner Nachbarschaft engagiert sich seit einigen Jahren in einem eigenen Verein für die Einrichtung einer Kinderheimat in Foulpointe, an der Ostküste Madagaskars. Von ihnen habe ich zum ersten Mal von der verheerenden, wohl primär dem Klimawandel[1] geschuldeten, Hungersnot im Süden Madgaskars erfahren. Mich würde dazu interessieren:
1. Wie sie die Lage in Madagaskar, die derzeitige politische Führung dort und deren Umgang mit der Krise einschätzen.
2. Was die bisherige Bundesregierung unternommen hat, der endemischen Mangelernährung und dem akut drohenden Hungertod[1] vieler Menschen im Süden Madagaskars entgegenzuwirken.
3. Ob von einer Regierung unter Beteiligung der FDP weitergehende Maßnahmen gegen die akute Hungersnot und zur Schaffung klimaresistenter landwirtschaftlicher Lebensgrundlagen in Madagaskar zu erwarten sind.
Mit freundlichem Gruß
Timon W.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für die Frage und Ihre Geduld. Die Ernährungskrise in Madagaskar, gerade im Süden des Landes, ist schockierend. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die damit verbundene Gefahr für die weltweite Ernährungssicherheit droht diese zu verschlimmern. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir als Ampelkoalition hier intensiv tätig sind, um dieses Leid zu mindern.
Zur politischen Lage und Führung: Dass es 2019 zum ersten Mal einen geordneten Regierungsübergang gab und die politische Stabilität gestärkt wurde, sehe ich positiv. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch unter Präsident Rajoelina Bürgerrechte eingeschränkt werden und die staatlichen Strukturen insbesondere bei der Bewältigung der Hungerkrise an ihre Grenzen stoßen.
Auf die Verfehlungen der Regierung beim Bürgerrechtsschutz macht das Auswärtige Amt regelmäßig aufmerksam. Gleichzeitig unterstützt die Bundesregierung die Menschen in Madagaskar. So fördern wir schwerpunktmäßig den Umweltschutz, insbesondere die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel. Dies sind aber nur mittel- bis langfristig wirksame Projekte. Zur akuten Linderung der Ernährungskrise unterstützen wird die humanitäre Hilfe. In Madagaskar sind wir der drittgrößte staatliche Geber in der humanitären Hilfe sowie der größte im Bereich Umweltschutz. Zudem sind wir durch unsere Mittel für EU und Weltbank an weiteren Aktivitäten beteiligt. Wir arbeiten intensiv mit dem Welternährungsprogramm zusammen, das wir als zweitgrößter Geber mit ca. 1,4 Milliarden US-Dollar (ca. 15 % des Budgets) unterstützen. Madagaskar ist auch seit 2021 eines unserer Schwerpunktländer im Sonderprogramm „EINEWELT ohne Hunger“, in dessen Rahmen die Bundesregierung u.a. Projekte zur Ernährungssicherheit und verantwortungsvollen Landpolitik unterstützt.
Als Ampelkoalition wollen wir das Engagement für nachhaltige Entwicklung und damit auch für den Kampf gegen Hunger ausbauen. Als langfristige Maßnahme war es uns als FDP besonders wichtig, den Wissens- und Technologietransfer zur Förderung landwirtschaftlicher Klimaresistenz zu unterstützen. Kurzfristig haben wir uns für flexiblere Mittel und verstärkte Lokalisierung in der humanitären Hilfe eingesetzt, sodass Organisationen wie das Welternährungsprogramm unsere Gelder noch besser und schneller verwenden können. Dies soll begleitet werden durch mehr Mittel für die internationale Klimafinanzierung.
Inzwischen hat der russische Angriffskrieg und die verachtenswerte erpresserische Einschränkung der Getreidelieferketten durch das russische Regime die globale Ernährungslage deutlich verschlechtert. Dies wird auch Madagaskar stark treffen. Um den Effekt zu lindern, setzen wir uns für ein „Bündnis für globale Ernährungssicherheit“ ein. Wir wollen dies voraussichtlich mit 430 Millionen Euro unterstützen, mehr als die Hälfte soll an das Welternährungsprogramm gehen. Gleichzeitig setzt sich unser FDP-Verkehrsminister Volker Wissing intensiv dafür ein, dass Nahrungsmittellieferketten aus der Ukraine im Rahmen einer „Getreidebrücke“ trotz des Krieges funktional bleiben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Antworten weiterhelfen und möchte mich herzlich für Ihr Engagement bedanken.
Mit freundlichen Grüßen
Gyde Jensen