Frage an Gunther Krichbaum von Jan-Claude B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kriechbaum,
mir ist bewußt, dass Innenpolitik nicht ganz ihr Spezialthema ist, da ich aber aus Pforzheim stamme, wollte ich doch ihre Meinung zu einem Sachverhalt erfragen:
Ihre Parteifreundin und Familienministerin Ursula von der Leyen hat in den letzten Tagen ausführlich über Gesetzesänderung des Telemediengesetzes bezüglich der Sperrung von diversen Internetseiten, die vermeintlich mit Kinderpornographie verbreiten, gesprochen.
Und obwohl Experten im Bereich der Computertechnik , sowie auch diverse Kinderschutzgruppen die Maßnahmen als fehlerhaft und nicht wirksam betrachten, sowie Bundesjustizministerin Zypries sie zuerst abgelehnt hatte, wurde der Gesetzesentwurf diese Woche nach langen Verhandlungen im Kabinett abgesegnet. Datenschützer und Verfechter eines freien Internets sehen darin einen ersten Schritt in die ´Einzähmung´ und Zensur des Netzes. Ich bin kein Padöphiler und sehe Verbrechen an Kindern als eines der größten Unrechte an. Solche Menschen gehören strafrechtlich verfolgt, verurteilt und bestraft. Jedoch darf die Regierung nicht alle Internetnutzer generell unter Verdacht stellen und die freie Informationsbeschaffung der Bevölkerung durch Vorzensur einschränken. Nach ausführlichen Rede wollte ich nun ihre Stellung bezüglich dieser Gesetzesänderung erfragen. Haben sie sich schon mit dem Problemfeld Internetzensur bzw. Sperrung von Kinderpornographie-Seiten beschäftigt? Sind sie sich des Problemfeldes und der weitergehenden Implikationen dieser Gesetzesänderungen bewußt? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen Jan-Claude Bischoff
Sehr geehrter Herr Bischoff,
vielen Dank für Anfrage zum Thema Kinderpornographie und der geplanten Änderung des Telemediengesetzes.
Wie Sie sicherlich wissen, sind die Zahlen im Bereich Kinderpornographie im Internet erschreckend. Und sie steigen. Das im Internet verbreitete kinderpornographische Material ist gegenüber dem Vorjahr um 111 Prozent angewachsen. Manche Seiten werden 50.000 Mal im Monat geladen. Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass täglich etwa 1.000 Seiten mit kinderpornographischen Inhalten aktiv sind. Und hinzu kommt erschreckenderweise: die Opfer werden immer jünger. Nach einer Studie der British Watch Foundation waren 80 Prozent der Opfer jünger als 10 Jahre, 33 Prozent unter drei und zehn Prozent unter zwei Jahre alt.
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zeigt sich auch gerade aufgrund dieser Zahlen fest entschlossen, die vollkommen hilflosen Opfer besser zu schützen, auch wenn dies im Medium Internet nicht so leicht ist. Und auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird nicht länger tolerieren, dass die Vergewaltigung von Kindern massenhaft im Internet in Deutschland abrufbar ist.
Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass ein verbesserter Schutz der Kinder gelingen kann. Die unionsgeführte Bundesregierung will daher Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten sperren lassen. Damit dies bald rechtlich möglich ist, hat sie Dank der Hartnäckigkeit von Bundesministerin von der Leyen am 25.03.2009 die "Eckpunkte zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet" beschlossen. So soll der Zugang zu kinderpornografischen Seiten zumindest national verhindert werden. Dies soll in Zusammenarbeit mit den Internet-Anbietern in Deutschland geschehen. Erklärtes Ziel ist es, neben dem Schutz der Opfer den kommerziellen Markt für Kinderpornographie empfindlich zu stören und ein deutliches gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornographie zu setzen. Die Zugangserschwerungen haben dabei präventiven Charakter und flankieren andere Maßnahmen, insbesondere der nationalen und internationalen Strafverfolgungsbehörden.
Kinderpornographie ist zu einem überaus lukrativen Markt geworden, der Milliardenumsätze generiert. Die Zahl der Konsumenten steigt kontinuierlich. Mittlerweile wird Kinderpornographie zu mehr als 80 Prozent über kommerzielle Webseiten weltweit verbreitet.
Die Mobilfunkbetreiber haben vor diesem Hintergrund bereits 2008 einen ersten Schritt getan und sich verpflichtet, kinderpornographische Inhalte aus dem Mobilfunkmarkt zu verbannen. Das muss jetzt auf das Internet übertragen werden. Wenn die großen Zugangsanbieter zustimmen - zwei haben dies bereits getan - ist der Markt bis zu 60 Prozent abgedeckt.
Hier muss jetzt aber auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ihren Widerstand gegen schnelle Vereinbarungen mit den Internetprovidern aufgeben. Der Kampf gegen Kinderpornografie muss zügig und erfolgreich verstärkt werden! Schnelles, pragmatisches Vorgehen zum Schutz der Kinder tut Not. Kurzfristig abzuschließende Sperrverträge mit den Unternehmen sind ein notwendiger erster Schritt!
Was den teilweise erhobenen Vorwurf der Zensur angeht, sei soviel gesagt: Auch im Internet hat die Freiheit ihre Grenzen. Dann, wenn Rassismus und Gewaltverherrlichung praktiziert, Volksverhetzung betrieben, Neonazi-Propaganda oder eben Kinderpornographie verbreitert wird, hat auch im Internet zu gelten, was wir als Gesellschaft weder dulden noch tolerieren dürfen. Um es ganz deutlich zu sagen: Wer den Stopp der Kinderpornographie im Internet zur unzulässigen Zensur erklärt, dem sind offensichtlich geschäftliche Interessen wichtiger als die Menschenwürde der wehrlosen Opfer. Es gibt vereinzelt die Vorstellung, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei. Dem ist entschieden zu widersprechen.
Die Freiheit des Internets kann kein höheres Gut sein als die Würde eines Menschen und die Unverletzlichkeit eines Kindes! Im Übrigen: Es regt sich ja auch kein Protest dagegen, dass an Zeitungskiosken keine Zeitschriften mit kinderpornographischen Inhalten angeboten werden dürfen. Es würde zu Recht auch niemand auf die Idee kommen, hier von unzulässiger Zensur zu sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum