Frage an Gunther Krichbaum von Tim K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Krichbaum,
als Vorsitzenden des Ausschusses "Angelegenheiten der Europäischen Union" frage ich Sie:
ist es richtig, dass mit dem in Lissabon beschlossenen EU-Vertrag die Todesstrafe (in der Grundrechte-Charta in Artikel II-62) explizit ausgeschlossen wird, aber in den Erläuterungen ( http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2007/c_303/c_30320071214de00170035.pdf ) das Verbot der Todesstrafe in Bezug auf Krieg oder mögliche Kriegsaktionen und selbst bei Aufständen, wieder so eingeschränkt wird, dass es nicht mehr gilt?
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Kasten,
für Ihre Frage zum Verbot der Todesstrafe im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon danke ich Ihnen.
Im Artikel 2 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäische Union heißt es "niemand darf zur Todesstrafe vorurteilt oder hingerichtet werden".. Die Erläuterungen, auf die Sie Bezug nehmen, haben keine rechtliche Verbindlichkeit. Sie können lediglich als Interpretationshilfe dienen. Ursprünglich wurden sie vom Präsidium des Konvents, der die Grundrechtecharta ausgearbeitet hat, formuliert.
Dabei orientierte sich der Verfassungskonvent, der die Grundrechtecharta ausarbeitete, vornehmlich an der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihren Zusatzprotokollen. Sämtliche Mitgliedstaaten der EU haben diese Konvention und die Zusatzprotokolle unterzeichnet. Bereits durch das 6. Zusatzprotokoll aus dem Jahr 1983 wurde die Todesstrafe in Friedenszeiten abgeschafft. Vielen Unterzeichnerstaaten genügte dies in den folgenden Jahren jedoch nicht. Daher wurde 2002 das 13.Zusatzprotokoll unterzeichnet, dass die Todesstrafe in allen Fällen untersagt, also auch bei Straftaten, die zu Kriegszeiten oder bei drohender Kriegsgefahr begangen wurden. Damit ist für alle Unterzeichnerstaaten - hierzu gehören sämtliche EU-Staaten - die Todesstrafe endgültig und ohne Ausnahme abgeschafft.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum