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Gunther Krichbaum
CDU
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Frage von Stefan B. •

Frage an Gunther Krichbaum von Stefan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Krichbaum,

seit der letzten Diätenerhöhung der Bundestagsabgeordneten habe ich mich sehr mit diesem Thema und der Kaufkraft der Rentenbezüge normaler Rentner befasst. Ich finde es richtig, dass unsere Abgeordneten eine ihrer Verantwortung entsprechende Vergütung erfahren. Weiterhin habe ich glaubhaft erfahren, dass die meisten Abgeordneten sehr viel an Zeit und Verantwortung in ihre Aufgaben investieren.
Aber, wenn ich dies aus meiner Warte als Rentner betrachte, auch ich habe in meiner Berufszeit sehr viel in Beruf, Familie und Ausbildung der Kinder investiert. Weiterhin habe ich sehr schmerzhafte Einschnitte in meine Nettorente in den letzten Jahren hinnehmen müssen. Diese habe ich bisher als meinen Solidarbeitrag zur Sanierung unserer Volkswirtschaft betrachtet. In den fraglichen letzten Jahren hat meine Nettorente in der Höhe um mindestens 10% abgenommen. Gleichzeitig ist durch die Inflation ohne Inflationsausgleich die Kaufkraft noch einmal mindestens um die gleiche Höhe abgesunken. Es kommen weitere Belastungen der Rentenkassen durch z. B. Zwangsrenten für über 60-jährige Arbeitslose hinzu, um die Sozialausgaben und die Arbeitslosenzahlen auf Kosten der Rentner zu entlasten. Ich kann nicht erkennen, das mir als Rentner meine Kaufkraft in Würdigung meiner Lebensarbeit im gleichen Maßstab wie die Diäten angepasst wurden oder in Zukunft werden.

Ich glaube, mit dieser Diätenerhöhung zum jetzigen Zeitpunkt und in dieser einvernehmlichen Geschwindigkeit haben sich die Abgeordneten der Koalition einen Bärendienst erwiesen! Zumindest die deutliche Wut bei jeder Gelegenheit, wenn diese Thema aufkommt, deutet darauf hin.

Daher meine Frage. Wie können Sie mir begründen, dass Sie und ihre Partei die richtige Wahl in der Zukunft für mich sind? Ist es da nicht besser, Ihnen als Protestwähler in Zukunft die "Rote Karte" zu zeigen, damit die Parteien der Großen Koalition endlich begreifen, wer und warum viele Wähler sie gewählt haben?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Brinkhaus

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Brinkhaus,

Vielen Dank für Ihre Anfrage zur jüngsten Erhöhung der Abgeordnetenentschädigungen.

Dabei kann ich Ihren Unmut zunächst nachvollziehen. Eine Erhöhung der monatlichen Entschädigungen in zwei Schritten um 4,7% im Jahr 2008 und 4,48% im Jahr 2009 erscheint - isoliert betrachtet - angesichts der Entwicklung der Nettolöhne und Renten in Deutschland in der Tat nicht angemessen zu sein. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass diese Erhöhung nur einen Teil einer umfangreichen Reform der Abgeordnetenentschädigung darstellt, die leider in den Medien häufig fehlerhaft dargestellt wird. Bitte gestatten Sie mir daher, Ihnen diese Reform kurz zu skizzieren. Wenn Sie Interesse an dem gesamten Gesetzestext haben, können Sie sich gerne in meinem Berliner Büro melden.

Die Bestimmung einer angemessenen Höhe der Abgeordnetenentschädigungen ist bereits seit Jahrzehnten Gegenstand einer oft heftigen öffentlichen Debatte. Um den Vorwurf der "Selbstbedienung" zu entkräften hat der Deutsche Bundestag bereits 1977 beschlossen, die Abgeordnetenentschädigungen an die Besoldungen "Einfacher Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (R 6)" und den Bürgermeistern mittelgroßer Städte (50 bis 100 Tausend Einwohnern (B 6)) zu koppeln. Eine solche Gleichsetzung wurde angesichts der vergleichbaren Verantwortung und zeitlichen Belastung als angemessen angesehen. Allerdings wurden diese Bezugsgrößen niemals erreicht. Die jetzt vorgesehene zweistufige Erhöhung der Entschädigungen um insgesamt 659 Euro bis zum 1.1.2009 dient genau dieser Angleichung, wobei jedoch die Sonderzahlungen, die an Richter und Bürgermeister geleistet werden (Weihnachts- und Urlaubsgeld), für die Bundestagsabgeordneten keine Berücksichtigung finden.

Gleichzeitig wird die Altersversorgung der Bundestagsabgeordneten reformiert. Die neuen Versorgungsregelungen sehen eine Abkehr vom bisherigen System der Vollversorgung vor, weil die Tätigkeit im Parlament für die allermeisten Abgeordneten nur ein Teil ihres Berufslebens ist. Angesichts der aktuellen Diskussionen über die notwendige Anhebung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Rentenversicherung ist es aus meiner Sicht darüber hinaus ein überfälliges Signal, dass auch für ehemalige Bundestagsabgeordnete die Altersgrenze schrittweise auf das 67. Lebensjahr erhöht wird.

Bei allen notwendigen Diskussionen über die Höhe der Entschädigungen und der Altersversorgung von Abgeordneten darf nicht übersehen werden, dass der Deutsche Bundestag ein oberstes Verfassungsorgan ist, dessen Mitglieder Anspruch auf eine angemessene Bezahlung haben. Hinzu kommt, dass die - zeitlich befristete - Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter auch für jene Menschen attraktiv bleiben muss, die aufgrund ihrer Ausbildung in der privaten Wirtschaft deutlich höhere Einkommen erzielen könnten. Gelingt dies nicht, wäre der Austausch zwischen Parlament und Wirtschaft noch geringer, als dies heute schon der Fall ist. Das Parlament wäre dann in noch stärkerem Maße von Berufspolitikern geprägt. Eine solche Entwicklung kann aber nicht im Interesse unserer Demokratie sein.

Selbstverständlich weiß ich darüber hinaus um die vielen Einschränkungen, die den Rentnern in den letzten Jahren zugemutet wurden. Die Entwicklung der Renten ist in Deutschland seit nunmehr 50 Jahren an die Lohnentwicklung angekoppelt. Hierdurch konnten die Rentner in den letzten Jahrzehnten an der allgemeinen positiven Einkommensentwicklung teilhaben. In vielen anderen Industrieländern besteht ein solcher Automatismus nicht. Hier sind die Rentenerhöhungen von politischen Einzelfallentscheidungen abhängig. Die Kehrseite eines solchen Automatismus ist es aber, dass bei sinkenden Arbeitseinkommen theoretisch auch die Renten gekürzt werden müssten. Dies hat die Große Koalition jedoch bereits kurz nach ihrem Amtsantritt für das Jahr 2006 gesetzlich verhindert. Wenn jetzt im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs die Löhne und Gehälter wieder ansteigen, ist dies die beste Voraussetzung dafür, dass auch die Renten steigen können. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass im laufenden Bundeshaushalt fast jeder vierte Euro als Zuschuss für die gesetzliche Rentenversicherung ausgegeben wird. Eine Erhöhung dieser Summe erscheint mir aus Gründen der Generationengerechtigkeit nicht möglich zu sein. Wir müssen stets im Blick haben, dass die Staatsschulden, die wir heute aufbauen, von unseren Kindern und Enkelkindern in der Zukunft zurückgezahlt werden müssen.

Abschließend möchte ich bemerken, dass ich es grundsätzlich für unglücklich halte, dass Abgeordnete über die Höhe ihrer Entschädigungen selber entscheiden müssen. Dies weckt in der Öffentlichkeit leider stets den Eindruck der Selbstbedienung. Allerdings hat es das Bundesverfassungsgericht vor geraumer Zeit untersagt, diese Entscheidung beispielsweise an eine unabhängige Kommission zu übertragen. Vielmehr muss das Parlament die Höhe der Abgeordnetenentschädigung "vor den Augen des Volkes" selber bestimmen. Aus diesem Grund begrüße ich es ausdrücklich, dass die Entschädigungen - auch wenn dies im Einzelfall jeweils vom Parlament bestätigt werden muss - künftig den Steigerungen in den beschriebenen Gehaltsgruppen der Bundesrichter und kommunalen Wahlbeamten entsprechen sollen.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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