Frage an Gunther Krichbaum von Florian L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Krichbaum,
im folgenden drei Fragen, auf deren Antwort ich mich freuen würde:
Welchen konkreten Nutzen sollen die biometrischen Daten und die RFID Chips im neuen Pass dem Schutz vor Terrorismus? Auf welche Studien beruhen diese Annahmen, gibt es vergleichbare Systeme im Ausland deren Nutzen bekannt ist? Wie entgegnen sie Kritikern die behaupten die neuen Pässe seien "nur eine staatliche Spritze für die Hersteller"?
Wie stehen sie zum Argument der Unverhältnismäßigkeit bei der neuen Vorratsdatenspeicherung? Ist in ihren Augen die Speicherung der Verbindungs- und Positionsdaten (bei Mobiltelefonen) aller Deutschen für sechs Monate noch verhältnismäßig? Greift dieses Gesetz nicht unverhältnismäßig in die persönliche Privatsphäre und in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger ein? Sind sie der Auffassung, dass die Vorratsdatenspeicherung ein effektives Mittel ist, obwohl die meiste Überwachung sich mit geringem technischen Aufwand* für Kriminelle und Terroristen überwindbar ist?
Im neuen Gesetz: "Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität" (§ 202 StGB), wird das Herstellen, Programmieren, Überlassen, Verbreiten oder Verschaffen sog. Computersicherheitswerkzeugen unter Strafe gestellt. Diese Werkzeuge sind für Administratoren unerlässlich zur Aufrechterhaltung der Computersicherheit in Deutschland und werden täglich in der Sicherheitsforschung eingesetzt um neue Programme auf ihre Zuverlässigkeit und Sicherheit zu testen. Wie entgegnen sie der Kritik das dieses Gesetz unzureichend formuliert ist und damit Rechtsunsicherheit bei IT Sicherheitsunternehmen schafft?
Mit freundlichen Grüßen,
Dipl. Inf. Florian Lutz
* (bspw. im Internet durch Onion Routing oder ausländische Mailanbieter. Am Telefon durch ausländische Callback Dienste oder Voip Gateways?)
Sehr geehrter Herr Lutz,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de
Die Bundesregierung hat im Februar letzten Jahres der Richtlinie Nr. 2006/24/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, zugestimmt. Sie hat dies mit Unterstützung des Deutschen Bundestages getan, weil das Parlament in einem Entschließungsantrag vom 7. Februar 2006 (Bundestagsdrucksache 16/545) zur Überzeugung kam, dass ein Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten insbesondere bei Straftaten mit komplexen Täterstrukturen, wie sie für den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität kennzeichnend sind, unverzichtbar ist. Dabei wurde besonders gewürdigt, dass es insgesamt gelungen ist, Regelungen mit Augenmaß zu schaffen (z. B. keine Speicherung von Gesprächsinhalten, Beschränkung der Speicherungsfrist auf 6 Monate, Datenabfrage nur bei Verdacht erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten), die als verhältnismäßig anzusehen sind.
Die Richtlinie ist bis zum 15. September 2007 in nationales Recht umzusetzen. Mit dem hierzu vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung werden die vom Parlament aufgestellten Vorgaben, sowohl dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung als auch dem Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung zu tragen, eingehalten.
Nach der Zustimmung des Bundesrates vom 8. Juni 2007 sind jetzt die gesetzlichen Voraussetzungen für elektronische Reisepässe der zweiten Generation (ePass) geschaffen worden. Damit kann den deutschen Sicherheitsbehörden im technologischen Wettlauf gegen organisierte Kriminalität und internationalen Terrorismus ein wichtiger Vorsprung verschafft werden. Hinsichtlich der von Ihnen geäußerten Bedenken kann festgestellt werden, dass Datenschutz und Datensicherheit bei den Gesetzesberatungen von zentraler Bedeutung waren. So werden nur ausgewählte Behörden auf die biometrischen Daten im ePass-Chip zugreifen dürfen. Weitere Informationen zum ePass finden Sie auf dem Internetangebot des Bundesinnenministeriums unter www.ePass.de.
Hinsichtlich der Aufnahme von § 202 c StGB – neu – liegt es selbstverständlich nicht in der Absicht des Gesetzgebers, die Entwicklung und Anwendung von legaler Sicherheitssoftware unter Strafe zu stellen. Der Schutz von Computersystemen vor unbefugten An –und Eingriffen von Dritten ist im Gegenteil ein wichtiges Anliegen. Daher setzt § 202 c StGB – neu – voraus, dass die hiervon erfassten Programme dem Zweck einer Computerstraftat dienen sollen. Daher werden keine Computerprogramme erfasst, die beispielsweise der Überprüfung der Sicherheit in diesem Bereich dienen. Im Verlauf der Beratungen im Bundestag und im Bundesrat wurde auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen. Ihre Bedenken sind daher nicht gerechtfertigt.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum