Frage an Günther Felbinger von Katharina H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Felbinger,
als Mutter zweier Töchter, eine bestand Ihr Abitur im vergangenen Jahr, die jüngere wird im kommenden Schuljahr voraussichtlich die Abiturprüfung ablegen, bin ich über die Meldungen zur diesjährigen Abiturprüfung an den Bayerischen Gymnasien sehr entsetzt. Noch nie zuvor habe ich gehört, dass nach einer Prüfung die Prüfungsbedingungen geändert werden können, damit möglichst viele Schüler das Abitur bestehen. Ich frage mich deshalb, wie viel wird unser Bayerisches Abitur in Zukunft überhaupt noch wert sein? Wie beurteilen Sie als Bayerischer Bildungspolitiker die Einflussnahme des Kultusministeriums auf die Abiturprüfungen des ersten G8-Abiturjahrgangs? Finden Sie diese Maßnahme gegenüber den Abiturienten des letzten G9-Jahrgangs gerechtfertigt? Ist dadurch eine qualitative Absenkung des Bayerischen Abiturs vorprogrammiert?
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme,
mit freundlichen Grüßen
Katharina Höfling
Sehr geehrte Frau Höfling,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Mit Bestürzung habe ich erfahren, dass das Kultusministerium die Kriterien für das Bestehen des ersten bayerischen G8-Abiturs nur zwei Tage vor Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse kurzfristig geändert hat. Diese plötzliche und unvorhersehbare Absenkung des Leistungsniveaus zeigt, dass die Anforderungen im ersten G8-Abitur in Bayern offensichtlich viel zu hoch angesetzt waren, es zeigt jedoch auch, dass die Abiturprüfungen der politischen Einflussnahme unterliegen. Denn weder das Ziel - das Abitur - noch der Weg dorthin wurde von den Bildungspolitikern der CSU ernsthaft überdacht, als sie vor acht Jahren das neue Schulsystem völlig überstürzt und planlos eingeführt haben. Und jetzt soll das Versagen der Staatsregierung in der Schulpolitik mit direktem politischem Eingreifen in laufende oder bereits abgeschlossene Prüfungen vertuscht werden. Meines Erachtens ist es ein Unding, dass die G8-Schüler aufgrund der höheren Anforderungen, die in kürzerer Zeit zu bewältigen sind, schlechter abschneiden, als die Abiturienten im G9. Dass man aber einfach nachträglich eine Absenkung des Leistungsniveaus vornimmt, ist ein Skandal. Auch gegenüber dem letzten G9-Jahrgang halte ich diese Neuregelung als nicht fair, denn der letzte Jahrgang des 9jährigen Gymnasiums hat auch keine nachträglichen Prüfungserleichterungen erhalten. Dass eine qualitative Absenkung des Bayerischen Abiturs durch diese Neuregelung vorprogrammiert ist, würde ich jedoch nicht behaupten, dennoch muss der Lehrplan und die Abiturprüfungen an sich auf jeden Fall überarbeitet werden, damit in den kommenden Jahren Fehler dieser Art nicht erneut auftreten. Die Reform des G8 muss endlich konsequent durchgeführt werden und dazu gehören neue Prioritäten in den Lehrplänen. Denn es sollte klar sein, dass das bayerische Abitur nach wie vor eine anerkannte Messlatte für die Studierfähigkeit unserer Gymnasiasten sein muss und nicht einfach beliebig am Prüfungstag nachgebessert werden darf.
Mit freundlichen Grüßen
Günther Felbinger, MdL