Frage an Günter Lach von Ulrich F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lach,
Vor einiger Zeit wurde das Thema Opferrente für politisch verurteilte Ex-DDR Bürger, die mindestens 6 Monate DDR-Haft nachweisen konnten,aufgegriffen und die Aussage gemacht,daß die derzeit gezahlten 250,00 Euro in keinem Vergleich zu den "Täterrenten" steht. (siehe Margot Honnecker in Chile 1500,00 Euro) Man beabsichtige eine merkliche Erhöhung der Opferrentenzahlung auf mindestens 500,00 Euro. Wird das noch verfolgt oder muß wiedermal auf grund Geldmangel, WirtschaftskriseRezession oder Bankenkrise der Kreis der in Vergangenheit "arg gebeutelten" und auch in der Zukunft nicht rosig versorgten Menschen noch länger warten ? Ich bin selbst ein betroffener,und bin mit der Meinung einger unserer politischen hohen Represätanten zb.Herrn Platzecks Meinung" Versöhnung mit der SED Nachfolgepartei Die Linke" überhaupt nicht einverstanden und begrüße die Ansprache von Herrn Ministerpräsident Wulf in Helmstedt der klar das Gegenteil aussprach und die DDR als Unrechtsstaat klarstellte. Zumal ich noch als Flüchtling (1968) darunter leide durch die Änderung des Fremdrentengesetses mich zweimal bestraft fühle.
Ich hoffe,dasß Sie mir eine zufriedenstellende Antwort geben können.
mit freundlichen Grüßen
Ulrich Fritzsche
Sehr geehrter Herr Fritzsche,
vielen Dank für Ihre Frage über Abgeordnetenwatch, in der Sie Ihre Verärgerung über den Rentenbezug von Frau Honecker schildern. Ihre Empörung, dass eine Hauptverantwortliche für das SED-Diktatur- und Unrechtssystem eine so hohe Rente bezieht, kann ich gut nachvollziehen. Die Hintergründe für diesen Umstand sind sehr komplex und vielschichtig. Ich werde sie Ihnen gern kurz darstellen.
Die Überführung der Rentenansprüche ist eine der schwierigsten Herausforderungen des wiedervereinten Deutschlands gewesen. Die Menschen in der ehemaligen DDR haben durch Einzahlungen vor der Wiedervereinigung Anspruch auf eine Rente aus der heutigen gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Es ist uns gelungen, die vielen Sonderversorgungsregelungen der DDR gemäß dem Gleichheitsgrundsatz in Ansprüche auf gesetzliche Rente zu überführen.
Leider profitieren davon aber auch die einstigen Stützen der DDR-Diktatur. Aus heutiger Sicht ist es ein Versäumnis, dass es der damaligen Bundesregierung zur Wendezeit nicht gelungen ist, bei den Rentenansprüchen eine angemessene Differenzierung zwischen Tätern und Opfern des SED-Unrechtsstaats vorzunehmen. Die DDR gönnte ihren Eliten neben der normalen Rentenkasse über 60 sogenannte Zusatz- und Sonderversorgungssysteme. Diese garantieren den Versicherten hohe Leistungen im Alter, teils ohne dass sie jemals eine Ostmark eingezahlt haben. 28 dieser lukrativen Systeme wurden durch den Einigungsvertrag – der unter großem Zeitdruck erstellt wurde – damals ungeprüft in bundesdeutsches Recht übernommen und genießen seither leider Bestandsschutz.
Zu Zeiten des Einigungsvertrags fehlte es an präzisem Datenmaterial - bis heute ist die Faktenlage immer noch äußerst lückenhaft. Immer wieder ist versucht worden – auch von Seiten der Union –, mit politischen Mitteln gegen die Ansprüche anzugehen. Leider ohne Erfolg. Im Gegenteil: Das Bundesverfassungsgericht kippte die pauschale Kürzung von Renten systemnaher Bediensteter; selbst die Altersversorgung von Stasi-Mitarbeitern musste nachträglich und rückwirkend aufgestockt werden. Und das Bundessozialgericht sorgte gleich mehrfach in Urteilen dafür, dass noch mehr Berufsgruppen in den Genuss der Zahlungen kommen.
Margot Honecker hat neben der sogenannten „Intelligenzrente“ der früheren DDR ihren Rentenanspruch durch ihre Tätigkeit als Telefonistin, Sekretärin und Stenotypistin (1945-63) und Volksbildungsministerin (1963-89) erworben. Der Einigungsvertrag garantiert allen Personen, die in das DDR-Rentensystem eingezahlt haben, einen Rentenanspruch in der gesamtdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Die unverbesserliche Haltung von Frau Honecker ändert leider nichts an der geltenden Rechtslage. Es ist mir klar, dass dieser Umstand für alle vom SED-Regime verfolgten und unterdrückten Menschen nur sehr schwer zu akzeptieren ist.
Die Volkskammer hatte 1990 im Zusammenhang mit der Währungsunion geprüft, ob Mitglieder des DDR-Machtapparates ihre Guthaben zu Unrecht erworben hatten. Insgesamt wurden damals die Vermögen von 18 Personen zugunsten der Staatskasse eingezogen. Dabei berücksichtigte ein für die Einziehung eingesetzter Sonderausschuss der Volkskammer auch, ob die Guthaben sich nur deshalb hatten ansammeln können, weil die Betroffenen ihren aufwendigen Lebensstil auf Kosten der Staatskasse führten. Dies traf unter anderem auf das Vermögen von DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker zu, das daraufhin 1990 rechtmäßig eingezogen wurde. Das Berliner Verwaltungsgericht lehnte in letzter Instanz die Klage der Witwe Margot Honecker auf Herausgabe von mehr als 100.000 Mark ab, da das Vermögen des Ehepaares nachweislich zu Unrecht erworben wurde.
Dennoch können wir aber auch stolz darauf sein, dass es uns in der Großen Koalition der letzten Wahlperiode endlich gelungen ist, für politisch Verfolgte eine SED-Opferpension durchzusetzen. Der Staat gewährt antragsberechtigten Opfern der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR eine besondere Zuwendung in Höhe von 250 Euro als finanzielle Anerkennung für erlittenes Unrecht. In der Praxis hat sich aber herausgestellt, dass die Bundesländer die Bewilligung der SED-Opferpension unterschiedlich handhaben und es auch Fälle von Missbrauch gibt. Solche Zustände gilt es, in Zukunft gesetzlich zu verhindern. Die Union begrüßt daher ausdrücklich den Beschluss des Bundesrates vom 15. Mai 2009 zu einer entsprechenden Novellierung der SED-Opferpension. Allerdings ist es dem Deutschen Bundestag aus Zeitgründen in der letzten Legislaturperiode nicht mehr möglich gewesen, den Gesetzentwurf noch zu beschließen. Die Union wird das Thema aber in der neuen Wahlperiode aufgreifen und ganz oben auf die politische Tagesordnung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzen. Denn der jetzige Zustand muss schnellstmöglich geändert werden.
Die christlich-liberale Koalition hat sich im neuen Koalitionsvertrag zudem verpflichtet, das System der Rehabilitierung und Entschädigung laufend zu überprüfen und offenbarem Regelungsbedarf mit dem Ziel, die rehabilitierungsrechtliche Situation von Betroffenen zu verbessern, Rechnung zu tragen. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass 250 Euro Opferrente das erlittene Unrecht, das den politisch Verfolgten des SED-Regimes widerfahren ist nicht wieder gutmachen können und lediglich als ideelle Anerkennung betrachtet werden können.
Ich werde auch in Zukunft meine ostdeutschen Kolleginnen und Kollegen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dabei unterstützen, die Rentensituation der DDR-Opfer schrittweise zu verbessern, indem bürokratische Hindernisse weiter abgebaut werden.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Lach, MdB