Frage an Gülseren Demirel von Michael K. bezüglich Verkehr
Im Süden der Stadt München haben wir nicht nur eine Verkehrsmisere, sondern vielfach rechtswidrige Verkehrsverhältnisse (vgl. u.a. Anregungen zur Berichterstattung und meine Leserbriefe in der SZ). Die CSU zementiert diese Rechtswidrigkeit auf allen Ebenen der städtischen Gremien, die SPD irrlichtert umher. Von den Grünen war im Münchner Süden noch nicht viel zu diesem Thema zu hören. Die bisher starken Parteien sind dabei nicht auf der Seite der Anwohner, sondern vertreten den überörtlichen Durchgangsverkehr.
Welche Maßnahmen werden Die Grünen künftig ergreifen, welche Möglichkeiten sehen Sie, nachhaltig Verbesserungen zu schaffen?
Sehr geehrter Herr Kretschmer,
ich bedanke mich für Ihre Frage und entschuldige die technisch bedingt späte Antwort.
Das verkehrspolitische Problem Nr. 1 im Münchner Süden ist der Autoverkehr, der sich an zahlreichen Stellen mit all seinen Nachteilen bemerkbar macht und die Lebensqualität beeinträchtigt: Besonders zu spüren ist dies im Forstenrieder Ortskern – und entlang der gesamten Trasse Neuried – Forstenried – Obersendling, am McGraw-Graben und der Chiemgaustraße – aber auch an etlichen anderen Straßenzügen wie rund um den Tierpark, an der Wolfratshauserstraße, der Herterichstraße, der Kistlerhof-/Meglingerstraße, vor der Tela-Post – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Lärm, Abgase, Sicherheitsrisiken, die trennende Wirkung der Autoschneisen zwischen und innerhalb von Stadtvierteln, geringe bis gar keine Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum – all das sind die Nebenwirkungen einer Verkehrs- und Strukturpolitik, die jahrzehntelang den motorisierten Individualverkehr bevorzugt und andere Verkehrsmittel vernachlässigt hat. Die Grünen verfolgen daher schon immer das Ziel, diese Entwicklung zu korrigieren und dem Öffentlichen Nahverkehr sowie dem Radverkehr einen höheren Stellenwert – und auch höhere Investitionen einzuräumen.
Konkret auf den Münchner Süden bezogen bedeutet dies:
Am Brennpunkt Liesl-Karlstadt-Straße/Forstenrieder Ortskern schlagen wir vor, den Autoverkehr so weit wie möglich über die A 95 und die Boschetsriederstraße zu führen. Dazu müsste der Neurieder Kreisel umgebaut werden.
Wir treten außerdem dafür ein, die im direkten Zusammenhang mit dem ehemaligen Plänen für den „Stäblidurchstich“ stehende Aufstufung des Straßenzugs Stäblistr./Lochhamer Str. zur Staatsstraße**rückgängig**zu machen, denn die zugrundeliegenden Planungen sind obsolet.
An diesem Brennpunkt ist auch die Schaffung einer attraktiven Fuß- und Radwegverbindung notwendig. Wie das konkret am besten gestaltet werden kann, ist noch in allen Einzelheiten zu diskutieren. Unsere Bezirksausschussfraktion hat da schon ein paar gute Ideen.
Generell streben wir im Münchner Süden die Schaffung attraktiver Radverbindungen an, die sich auch für Lastenfahrräder und Kinderanhängern eignen – z.B. an der Wolfratshauser Straße südlich der Siemensallee oder eine durchgehende Verbindung zwischen Maxhof und Sollner Bahnhof. Eine echte Verbesserung für Rad- und Fußverkehr wäre auch die Öffnung der Braunauer Brücke, für die wir uns nachdrücklich einsetzen.
Rechts der Isar wäre zu erwähnen:
* die zügige Fertigstellung der Fuß- und Radwegbrücke von der Heilig-Kreuz-Kirche zur Lutherkirche, um die Radverbindung am östlichen Isarufer zu schließen,
* die Einrichtung von Fahrradwegen auf der Pilgersheimer Straße zwischen Freibadstraße und Edlinger Platz
* die Ausweisung eines Fahrradschnellwegs von Oberhaching über Taufkirchen, Unterhaching, Fasangarten und Giesing in die Innenstadt.
All dies erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bedarf natürlich der aktiven Mitwirkung der Stadt München.
Was den Öffentlichen Nahverkehr angeht, so plädieren Die Grünen nach wie vor dafür, mit dem S-Bahn-Südring eine etwas zentrumsfernere Trasse zu schaffen, die dann den Vorteil einer eher tangentialen Verbindung böte. Ein wichtiges Projekt ist auch immer noch die Tram-Westtangente, für die wir uns schon lange einsetzen, und die – hoffentlich – in den nächsten 5 Jahren endlich gebaut werden wird. Darüber hinaus halten wir auch eine Tramverbindung über die Isar für sinnvoll - etwa auf der Trasse Boschetsriederstraße – Plinganserstraße - Brudermühlbrücke - Candidstraße.
Entlastend würde auch eine Haltestation der Bayerischen Oberlandbahn und der S-Bahn auf Höhe der Großhesseloher Brücke inkl. Park & Ride-Anlage wirken.
Auch eine Seilbahn von Thalkirchen auf das andere Isarufer ist eine interessante Idee, weil der Landschaftsverbrauch bei diesem Verkehrsmittel geringer ausfällt als bei einer Trasse am Boden. Aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes lehnen wir ein Parkhaus für den Tierpark ab. Wer den Münchner Süden vom Autoverkehr entlasten will, darf keine zusätzlichen Magneten für den Autoverkehr schaffen – und schon gar nicht in den Isarauen!
Verkehrsthemen sind oft sehr komplex und beschäftigen die verschiedensten politischen Ebenen. Ich bitte um Verständnis, dass hier ich nicht alle relevanten Fragen behandeln kann und mich auf die wesentlichsten Probleme beschränkt habe. Gerne können Sie noch detailliert nachfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Gülseren Demirel