Frage an Grietje Staffelt von Rainer S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Frau Bettin
alle Parteien haben sich den Umwelt- und Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Als Hauptumweltverschmutzer werden dabei oft die Autofahrer dargestellt. Gerade hier gibt es aber die Möglichkeit, in nicht unbeachtlichem Umfang eine Entlastung zu erreichen, nämlich durch gasbetriebene Fahrzeuge. Hierbei gibt es zum Einen den Antrieb mit Erdgas, zum Anderen den mit Flüssiggas (auch als Autogas bekannt). Beide Antriebsarten werden durch reduzierte Steuersätze gefördert, wobei diese Steuersätze bei Erdgas bis 2020, für Flüssiggas dagegen nur bis 2009 festgeschrieben sind.
Die vom Ressort meines Lieblingsministers Jürgen T. für diese Ungleichbehandlung vorgebrachten Gründe können, wie bei fast allem aus dem Hause von Flaschenpfand-Jürgen, nicht überzeugen. Neben "fiskalischen Aspekten" (vulgo: mehr Geld in die klammen Kassen) wird von "Synergieeffekten" zwischen Biogas und Erdgas gesprochen, Biogas scheint demnach wohl in Erdgasautos einsetzbar zu sein (es dürfte unter Einbeziehung von Subventionen aber wohl auch die teuerste Energieform sein). Angesichts der Vorteile von Flüssig- gegenüber Erdgas ist die steuerliche Ungleichbehandlung m.E. ungerechtfertigt.
Diese Vorteile sind: nahezu jedes Benzinfahrzeug ist nachrüstbar, ohne größere Eingriffe ins Mototormanagement, hierdurch wäre bei zunehmender Zahl der Fahrzeuge eine relativ schnelle Entlastung der Umwelt möglich. Zudem ist das Tankstellennetz europaweit gut ausgebaut. Eine Nachrüstung auf Erdgas ist dagegen schwierig, rd. doppelt so teuer wie eine Erdgasumrüstung, bei minimaler Reichweite für eine Gasfüllung, eine typisch deutsche "Insellösung" ohne nennenswertes ausländisches Tankstellennetz. Also gibt es Erdgasantrieb fast ausnahmslos für Neufahrzeuge, was die Verbreitung natürlich erheblich verlangsamt und unter Umweltaspekten kaum relevant werden dürfte.
Wie stehen Sie zu einer Gleichstellung der Förderung von Flüssig- und Erdgasfahrzeugen (d.h. eine Festschreibung auch des derzeitigen Steuersatzes für Flüssiggasfahrzeuge bis 2020)?
Neben Umweltgründen sprechen auch handfeste wirtschaftliche Gründe für eine entsprechende Förderung: auf absehbare Zeit dürften die Benzinpreise kaum sinken, jeder Gasfahrer hätte aber mehr Kaufkraft für andere Zwecke frei. Bei den Betrieben, die Umrüstungen auf Autogas vornehmen, handelt es sich (nahezu?) ausschließlich um klein- und mittelständische Unternehmen, einer besonderen Zielgruppe in der Wirtschaftsförderung. Die zeitliche Begrenzung der Steuerfestschreibung ist ein Investitionshemmnis, da sich für viele potentielle Fasfahrer die Umrüstung nicht amortisieren würde.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Rainer Schwarz,
Ihre Argumente für eine weitere Verlängerung der Steuerbegünstigung von Flüssiggas haben auf den ersten Blick einiges für sich.
Dennoch gibt es auch gewichtige ökologische und wirtschaftliche Gründe, warum Erdgas im Vergleich zu Flüssiggas steuerlich bessergestellt wurde, indem die Begünstigung von Erdgas bis 2020 festgeschrieben ist, bei Flüssiggas hingegen am 31.12.2009 ausläuft bzw. eine Entscheidung über eine eventuelle Verlängerung noch nicht gefällt wurde.
Erdgas ist im Vergleich zu Flüssiggas im Hinblick auf den Umwelt- und Klimaschutz der bessere Alternativkraftstoff. Erdgas hat nicht nur einen vergleichbar günstigeren Heizwert, sondern ist auch der kohlenstoffärmste fossile Kraftstoff. Dadurch ist der klimarelevante CO2-Ausstoß von Erdgas deutlich niedriger als bei Flüssiggas (nach einer aktuellen Analyse des TÜV Saarland weisen derzeit verfügbare Erdgasfahrzeuge aus Serienproduktion bei der Emission von Treibhausgasen einen Vorteil von 9% gegenüber den entsprechenden heutigen Dieselfahrzeugen auf - bei Flüssiggaseinsatz besteht dagegen ein Nachteil von 2%). Das Synergiepotenzial von Erdgas im Zusammenhang mit der Nutzung von Biogas als Kraftstoff ist ein weiteres Argument für die relative Besserstellung von Erdgas gegenüber Flüssiggas.
Zudem ist die Verfügbarkeit von Flüssiggas stärker begrenzt als die von Erdgas, weil die Gewinnung von Flüssiggas eng an die Erdölaufbereitung gebunden ist. Dem langfristigen Ziel "Weg vom Öl" ist mit der Nutzung von Flüssiggas also nicht gedient.
Einige wirtschaftliche Aspekte: Die Automobilindustrie setzt zunehmend auf Serienfahrzeuge mit Erdgasantrieb. Vergleichbare Angebote für Flüssiggas gibt es in Deutschland nicht. Die Tankstelleninfrastruktur für Erdgas wächst in Deutschland stetig und wird 2007 nahezu flächendeckend ausgebaut sein. In einer Reihe von Nachbarländern ist eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen, so dass das Tanken von Erdgas in Europa künftig einfacher wird.
Letztlich ist die mineralölsteuerliche Behandlung und Bewertung von Kraftstoffen eine Frage, die im Einvernehmen zwischen den unterschiedlichen Ressorts der Bundesregierung geklärt werden muss. Federführend ist dabei das Bundesfinanzministerium. Da auch die Steuerbefreiung für Biokraftstoffe bis Ende 2009 terminiert ist, gehe ich davon aus, dass man sich der Frage auch der steuerlichen Behandlung von Flüssiggas spätestens im nächsten Jahr widmen wird, um Planungssicherheit zu schaffen.
Beste Grüße!
Grietje Bettin