Wie stehen Sie zu Waffenlieferungen an die Ukraine? Welche Strategie verfolgen Sie, falls Russland weiterhin keine Verhandlungsbereitschaft zeigt, wie es Putin mehrfach signalisiert hat?
Wie stehen Sie grundsätzlich zu den Waffenlieferungen an die Ukraine?
Halten Sie diese für notwendig, um das Land bei der Verteidigung seiner Souveränität zu unterstützen, oder sehen Sie darin eine Gefahr für die Eskalation des Konflikts?Falls Russland weiterhin keine Bereitschaft zu Verhandlungen zeigt, wie es Präsident Putin wiederholt signalisiert hat, welche Strategie würden Sie verfolgen?
Wäre es Ihrer Ansicht nach sinnvoll, den militärischen Druck zu erhöhen, oder sehen Sie andere Alternativen, um den Konflikt zu lösen?

Sehr geehrter Herr K.,
Deutschland trug die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg mit 60 Millionen Toten. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir kein Recht haben, an Kriegen zu verdienen. Deshalb bin ich strikt gegen Waffenexporte aus Deutschland. Das ändert aber nichts am Selbstverteidigungsrecht der Ukraine. Insofern konnten andere Staaten Waffen liefern. Wir hätten dies ausgleichen können durch humanitäre Hilfe.
Nun bin ich kein Militärspezialist, aber unsere Regierung, insbesondere auch Frau Strack-Zimmermann meinten, die Ukraine könne einen militärischen Sieg erreichen. Der langjährige Chef des Generalstabs der US-Streitkräfte, General Milley und der frühere Bundeswehrgeneralinspektor Kujat meinten dagegen, dass keine Seite militärisch siegen könne. Deshalb trat ich dann für einen Waffenstillstand ein. Putin hätte man wie folgt unter Druck setzen können. Die NATO hätte anbieten können, ab einem bestimmten Zeitpunkt vorübergehend keine Waffen mehr an die Ukraine zu liefern, wenn Putin einem Waffenstillstand zustimmte. Hätte er es nicht getan, hätte er indirekt dafür plädiert, die Waffenlieferungen fortzusetzen. Das wäre ihm schwergefallen. Wäre von uns eine Initiative zum Waffenstillstand ausgegangen, hätten wir für die Ukraine mehr erreicht, als es jetzt bei Trump der Fall sein wird. Er wird irgendwie den Waffenstillstand erzwingen, aber wenig Rücksicht auf die Ukraine nehmen.
Im Übrigen hat die NATO zuerst nach dem Kalten Krieg das Völkerrecht verletzt, nämlich beim Krieg gegen Serbien. Die Abtrennung des Kosovo verstößt gegen einen Beschluss des Sicherheitsrates und ist mithin auch völkerrechtswidrig. Der Krieg der USA gegen den Irak ist ebenso völkerrechtswidrig. Damals habe ich zu Bundeskanzler Gerhard Schröder gesagt, dass dies Schule machen wird, was er bestritt. Es hat aber Schule gemacht. Putin meint, er könne das Völkerrecht verletzen und Trump meint es auch, wenn er davon spricht, militärisch den Panamakanal und auch Grönland sich einzuverleiben. Alle Seiten müssen strikt das Völkerrecht einhalten und genau das geschieht nicht.
Mit freundlichen Grüßen,
Gregor Gysi