Wenn die Linke sagt, dass Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg verlängern, widerspricht die Verweigerung von Waffenlieferungen aber nicht der Fähigkeit der Ukraine zur Selbstverteidigung?
Sehr geehrter Herr Gysi,
ein schnelles Ende des Ukrainekrieges wünscht sich jeder. Aber dieses Ziel, ein Ende der Kampfhandlungen dadurch zu erreichen, indem man der Ukraine keine Waffen liefert, so dass es militärisch geschwächt, aufgeben (kapitulieren) muss, ist das nicht zynisch?
Wenn man sagt, mit Waffenlieferungen verlängert man den Krieg, sagt im Umkehrschluss, keine Waffenlieferungen an die Ukraine verkürzen den Krieg. Und das heißt in aller Konsequenz, die Ukraine soll durch fehlende Waffenlieferungen militärisch geschwächt werden, dass es einen Waffenstillstand unter jeglichen Bedingungen einer Kampffortsetzung vorzieht .
Stellt die Linke mit ihrer Haltung damit nicht einen über militärische Schwächung der Ukraine erreichten Waffenstillstand über das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung?
Sehr geehrter Herr F.,
Ihre Frage vom 18. Mai hat mich erreicht. Ich habe auf die Geschichte Deutschlands hingewiesen und darauf, dass wir nach dem Zweiten Weltkrieg schon wieder an jedem Krieg verdienen. Das gilt auch für den völkerrechtswidrigen Einmarsch der Türkei im Irak, um die Kurdinnen und Kurden zu bekämpfen. Aber ich habe mich nie gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen, weil eine Forderung nach bedingungsloser Kapitulation friedenspolitisch mit unvertretbar erscheint. Aber andere Länder haben eine andere Geschichte. Frankreich, Großbritannien und andere können Waffen liefern, wir leisten dasselbe auf humanitärer Ebene, weil wir nun einmal die Verursacher des Zweiten Weltkrieges waren. Aber im Prinzip stimme ich Ihnen zu, nur könnte es eine bessere Arbeitsteilung zwischen verschiedenen Staaten geben.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi