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Gregor Gysi
DIE LINKE
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Frage von Jörg S. •

Was wollen Sie eigentlich gegen die zunehmende Armut bei Hartz 4 Empfängern und Rentnern mit Transferleistungen tun?

Sehr gehrter Herr Gysi, Ihre Partei hat mal erzählt, das sie Hartz 4 auf 550€, oder 600€ erhöhen wollten, doch nun wird das Thema überhaupt nicht mehr erwähnt, geschweige denn, drüber gesprochen. Mir kommt es so vor, als ob Ihnen die armen Menschen vollkommen egal sind. Naja, kann ich ja auch irgendwie verstehen, denn Ihr Portemonaie ist ja voll genug, warum sollten Ihnen dann noch die Armen im Land etwas angehen und damit meine ich nicht unbedingt Familien, sondern auch Menschen die alleine Ihr Leben meistern müssen, ohne am sozialen Leben teilnehmen zu können. Mit dem Hartz 4 bzw. mit einer kleinen Rente plus Transferleistung kann man das ja leider nicht. Dann brauchen Sie sich auch nicht wundern, wenn Ihnen diese Stimmen bei der Wahl fehlen.

Mit freundlichen Grüßen

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Sehr geehrter Herr S.,

Ihre Frage vom 13. September hat mich erreicht.

Vielleicht werfen Sie mal einen Blick in das Wahlprogram der Linken zu den Bundestagswahlen: https://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm-2021/ Darin finden Sie ganz konkrete Vorschläge und Forderungen, um Armut zu verhindern. Sie werden sehen, dass der Kampf gegen Armut bei der Linken nach wie vor ganz oben steht und dafür auch konkrete Vorschläge und Konzepte erarbeitet wurden.

Wir wollen das Hartz-IV-System abschaffen und es ersetzen durch Gute Arbeit, eine bessere Erwerbslosenversicherung und eine bedarfsgerechte individuelle Mindestsicherung ohne Sanktionen.

Um sicher gegen Armut zu schützen, muss sie derzeit 1.200 Euro betragen. Sie gilt für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und Erwerbsunfähige ohne hinreichendes Einkommen oder Vermögen.

Sonderbedarf, zum Beispiel für chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderung, wird im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung bzw. des Bundesteilhabegesetzes gewährt. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt werden zusätzlich zur Mindestsicherung auch höhere Wohnkosten übernommen.

Die Höhe der sanktionsfreien Mindestsicherung muss jährlich entsprechend den Lebenshaltungskosten angehoben werden (Inflationsausgleich).

Als Zwischenschritt bis zur Einführung einer sanktionsfreien Mindestsicherung wollen wir die sofortige Erhöhung der derzeitigen Grundsicherungsleistungen auf 658 Euro plus Übernahme der Wohn- und Stromkosten in tatsächlicher Höhe. Zudem fordern wir für die Dauer der Coronapandemie einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro pro Monat für alle Bezieherinnen und Bezieher von Hartz IV und Grundsicherung.

Sanktionsfreiheit! Alle Sanktionen, also Kürzungen des Existenzminimums, müssen ausgeschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 5. November 2019 bereits eine notwendige rote Linie gegen die bisherige Sanktionspraxis gezogen. Das Grundrecht auf soziale Teilhabe muss auch für Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherungsleistungen umgesetzt werden.

Gemeinsam mit Sozialverbänden, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Akteuren fordern wir eine eigenständige Kindergrundsicherung. Sie muss leicht verständlich, transparent und gerecht sein. Bei der Ausgestaltung orientieren wir uns am Modell des Bündnisses Kindergrundsicherung. Die Höhe fällt abgestuft aus. Beginnend bei 630 Euro für die ärmsten Kinder wird sie je nach Einkommenssituation bis auf 328 Euro abgeschmolzen. Das entspricht dem erhöhten Kindergeld, das wir für alle Kinder als Sofortmaßnahme fordern. Es wird einkommensunabhängig an alle Familien monatlich gezahlt.

Kinder aus armen Familien erhalten zusätzlich als Sofortmaßnahme zum Kindergeld einen nach Alter gestaffelten Zuschlag bis zu 302 Euro. Außerdem sollen auch für Kinder die tatsächlichen Unterkunftskosten sowie einmaliger und besonderer Bedarf (Klassenfahrten, IT-Ausstattung u.ä.) berücksichtigt werden.

 

Und gegen Altersarmut will Die Linke das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben. Das bedeutet in Geld: Wer derzeit die aktuelle Durchschnittsrente von 1.048 Euro bekommt, erhält dann 1.148 Euro, also knapp 100 Euro mehr im Monat.

Wir wollen alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Dazu haben wir ein Konzept entwickelt, das Solidarität und soziale Gerechtigkeit mit finanzieller Solidität und Stabilität verbindet. Wir stärken damit die gesetzliche Rentenversicherung und verhindern Armut im Alter und bei Erwerbsminderung. Unser Konzept der Solidarischen Erwerbstätigenversicherung bietet eine gesetzliche Alterssicherung auch für bislang nicht versicherte Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler, Beamtinnen und Beamte, Managerinnen Manager und Politikerinnen und Politiker. Wir wollen, dass alle Erwerbstätigen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlen.

Als Garantie führen wir eine solidarische Mindestrente von 1.200 Euro für all jene ein, die trotz der Reformmaßnahmen in der Rente ein zu niedriges Alterseinkommen haben, um davon leben zu können. Denn wer heute auf lange Phasen mit schlechten Löhnen, Erwerbslosigkeit oder Krankheit zurückblicken muss, hat trotzdem Anspruch auf ein würdevolles Leben im Alter. Die solidarische Mindestrente wird deshalb von der Rentenversicherung an alle Menschen im Rentenalter gezahlt – bei Erwerbsminderung als Zuschlag, im Einzelfall auch als Vollbetrag –, die im Alter weniger als 1.200 Euro Nettoeinkommen haben. Die solidarische Mindestrente wird aus Steuern finanziert. Die Unterhaltsansprüche nach dem BGB werden berücksichtigt. Mit Vermögensfreibeträgen stellen wir sicher, dass soziale Härten vermieden werden und normales, selbstgenutztes Wohneigentum unangetastet bleibt. Unser Versprechen lautet: Niemand soll im Alter von weniger als 1.200 Euro leben müssen. Die Solidarische Mindestrente wird regelmäßig am 1. Juli eines jeden Jahres im selben Maße erhöht, wie alle anderen gesetzlichen Renten auch. Wir tun also etwas.

Mit freundlichen Grüßen

 

Gregor Gysi

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