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Gregor Gysi
DIE LINKE
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Frage von Rewan W. •

Was tun Sie und Ihre Partei damit das Selbstbestimmungsgesetz nicht zur Farce wird und Diskriminierung in unbekanntem Ausmaß ermöglicht?

Sehr geehrter Genosse Gysi,
ich schreibe Ihnen als trans* Mann in großer Sorge wegen des Selbstbestimmungsgesetzes.
Diskriminierung aufgrund des äußerlichen nach der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes zu erlauben öffnet Diskriminierung Tür und Tor. Im Beispiel redet der Justizminister mit seinem merkwürdigen Verständnis von Gerechtigkeit von einer Sauna Besitzerin und argumentiert in TERF Logik, es müsse ihr um Kundinnen zu schützen erlaubt sein, Menschen aufgrund des äußeren den Zutritt zu verweigern.
Doch nicht nur gibt es cis Frauen die vielleicht kein weibliches, zumindest aber kein cis weibliches passing haben. Die Sauna Besitzerin möchte ihre Kundinnen vielleicht auch vor lesbischen und bisexuellen Frauen schützen? Wie wir seit Silvester wieder sehen gibt es genug Rassismus in Deutschland, um auch um alle Schwarzen, indigenen und Menschen of color besorgt zu sein, genau wie um Menschen mit Behinderungen, denen dann der Zutritt verwehrt werden kann. Stoppen Sie das bitte!

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Rewan W.,

 

Ihre Frage hat mich erreicht. Auch wir haben die Äußerungen von Bundesjustizminister Marco Buschmann mit Befremden zur Kenntnis genommen, stehen sie doch im Widerspruch zu den Ankündigungen der Ampel. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE und ihre Quellpartei PDS kritisieren seit mehr als einem Vierteljahrhundert, dass die Menschenrechte von Trans- und Inter-Menschen missachtet werden. Die CEDAW-Kommission der UNO, der deutsche Ethikrat, das Deutsche Institut für Menschenrechte und viele weitere nationale und internationale Organisationen und Institutionen bemängeln dies ebenfalls seit geraumer Zeit. DIE LINKE hat sich in ihrem Wahlprogramm klar für die Rechte von Trans- und Inter-Menschen ausgesprochen „Selbstbestimmung für trans- und intergeschlechtliche Menschen. Wir wollen einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für alle. Eine Vornamens- und Personenstandsänderung muss mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt möglich werden – ohne die bisherigen Zwangsberatungen, Gutachten, ärztlichen Atteste und Gerichtsverfahren. Das Transsexuellengesetz (TSG) pathologisiert. Wir wollen es abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsrecht ersetzen.“ (S.109, Wahlprogramm DIE LINKE) Deshalb unterstützen wir ein Selbstbestimmungsgesetz und wollen uns konstruktiv an der Debatte und parlamentarischen Beratung eines von der Bundesregierung vorzulegenden Gesetzentwurfes beteiligen.

 

Dabei geht es um die Umsetzung von Menschenrechten und die Stärkung der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung.  Die Rechte von Frauen, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen stehen für uns in keinem Widerspruch. Anders als Herr Buschmann u.v.a  befürchten wir nicht, dass es Menschen gibt, die einfach so ihr Geschlecht "ändern" wollen? Ein Blick in andere Länder, die eine Personenstandsänderung ohne psychologisches Gutachten ermöglichen, zeigt, dass es hier weder zu einem "Run" auf Geschlechtseinträge noch zu einem Gender-Hopping o.ä. gekommen ist. Die Debatte um Saunazugänge ist eine Scheindebatte, die tatsächlich aus einer kruden Melange aus Rechtsextremen, Konservativen und TERFs geführt wird. Wir stehen im Austausch mit den Fachverbänden von trans- und intergeschlechtlichen Organisationen und werden den Gesetzesprozess konstruktiv begleiten. Wir hoffen, dass bald der lang angekündigte Entwurf vorgelegt wird. Wir benötigen national und international ein Selbstbestimmungsgesetz, damit trans- und intergeschlechtliche Menschen endlich die ihnen zustehenden Rechte erhalten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Gregor Gysi

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