Ist die Linke (nur) eine Partei für sozial schwache oder bietet sie auch etwas für die zahlende Mittelschicht?
Sehr geehrter Herr Gysi,
Heutzutage verbindet man mit der Partei der Linken hohe Steuern und viel Sozialstaat. Das ist im Grunde auch löblich, aber was bietet die Linke für Leistungsträger in dieser Gesellschaft? Würde jemand mit einem guten Gehalt mit der Linken nicht nur draufzahlen und im Austausch eigentlich nichts bekommen? Man bekommt das Gefühl, dass die Linke eine Partei für Studenten, Bürgergeldempfänger und Rentner ist, aber was ist mit der zahlenden Gesellschaftsschicht, die keine Sozialleistungen bekommen? Ich bezahle jetzt schon 50% meines Gehaltes für Sozialabgaben und Steuern. Ich bin Ihnen ehrlich, sowas tut weh! Dadurch wird einem jegliche Motivation genommen, mehr zu leisten als das Minimum. Also: Was tut die Linke für Menschen die ein gutes Gehalt haben, körperlich fit sind, keine Sozialleistungen benötigen und diese Gesellschaft tragen?
Ich freue mich auf Ihre Antwort!
VG
Sehr geehrter Herr D.,
Ihre Nachricht vom 21. Januar hat mich erreicht.
Leider bringen die Medien unsere Forderungen nur verkürzt wieder. Wir wollen die Mitte entlasten. Und offensichtlich gehören Sie zur Mitte. Das Problem in Deutschland besteht darin, dass die Mitte alles allein bezahlt. Die Unten können es nicht und an die Oberen trauen sich das Parlament und die Regierungen nicht heran.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel schildern. Wenn Sie arbeiten gehen und einen Lohn beziehen, müssen Sie darauf die von Ihnen genannten Steuern und Abgaben bezahlen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie bekämen pro Jahr das gleiche Geld wie durch Arbeit auch durch Zinsen, Aktiengewinne und Fondsgewinne. Darauf bezahlten Sie maximal 25% Steuern und selbstverständlich keine Sozialabgaben. Wenn Ihre Gegenleistung Arbeit ist, müssen Sie also viel mehr besteuern, als wenn Ihre Gegenleistung im Nichtstun besteht. Wenn wir bei der zweiten Einnahmequelle gleiche Steuern wie bei der Arbeit erhöben, könnten wir insgesamt einen niedrigeren Steuersatz nehmen und damit auch die Mitte und Sie entlasten.
Meine Partei muss sich in erster Linie immer an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wenden. Dann erst kommen die anderen Gruppen. Wir verteidigen ausdrücklich auch die Mitte, weil Sie für den Bestand unserer Gesellschaft so wichtig ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Gregor Gysi
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Ich sehe das genauso kritisch wie Sie
Ihre Annahme beruht auf falschen Voraussetzungen. Selbstverständlich hat Die Linke im Bundestag alles rechtlich Mögliche versucht, um den 21. Deutschen Bundestag früher als am 25. März einzuberufen.
Über eine Klage ist der Weg sehr schwierig und braucht lange Zeit. Vor Ablauf von drei Jahren kann nicht mit einer Entscheidung gerechnet werden. Dann gibt es aber noch weitere Instanzen.
Diesbezüglich gab es bereits viele Veranstaltungen und Konferenzen durch meine Partei. Die parteinahe Rosa-Luxemburg-Stiftung hat dazu besondere Ausarbeitungen vorgelegt und ebenfalls Veranstaltungen durchgeführt. Wir sind es auch, die immer wieder zugunsten von Opfern der DDR-Diktatur Anträge im Bundestag gestellt haben, auch zugunsten Geflüchteter, deren Rente nach Herstellung der deutschen Einheit gekürzt wurde. Wenn Sie an die Rosa-Luxemburg-Stiftung schreiben, erhalten Sie auch entsprechendes Material.