Ist die Linke bereit, ihre Außenpolitik zu reformieren, um der Ukraine beizustehen? Oder wird der Ruf als "Putinfreunde" für immer und ewig haften, während wir deshalb an der 5%-Hürde scheitern?
Sehr geehrter Herr Gysi,
ich bin Linker in der Partei, jedoch tut mir die Außenpolitik im Herzen weh. In meinen Augen ist Putin ein faschistischer Diktator. Seit über 20 Jahren reißt er die Macht im Land an sich und verleibt sich mit militaristischem Expansionismus souveräne Staaten. Der Ansatz der Linkspartei, auf "Frieden" und "Diplomatie" (leere Phrasen) zu setzen, erscheint mir jedoch sehr naiv und spielt nur Russland in die Hände. Putin hat mehrere internationale Verträge gebroche (Minsk Waffenstillstand hielt 3 Tage). Wie will man mit so jemandem verhandeln? Warum ist die Linke nicht bereit, das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine mit Taten zu unterstützen, statt nur mit Worten? Deutsche Waffen haben 2022 bei der Befreiung von Dörfern geholfen. Die Zivilisten haben die Soldaten mit Freudentränen empfangen. Wieso sind Sie und Ihre Partei dagegen?
Ich verweise auf eine 2022 Umfrage der Rosa Lux. Stiftung. Grund Nr. 1, warum die Linke Wähler abschreckt: Außenpolitik (43%).
Sehr geehrter Herr K.,
Ihre Frage vom 5. Juni hat mich erreicht.
Von Deutschland ging der 2. Weltkrieg aus, der zu 50 Millionen Toten führte. Nur der Krieg, die übrigen Verbrechen kommen noch hinzu. Meines Erachtens hat Deutschland deshalb nicht mehr das Recht, an Kriegen zu verdienen. Deutschland ist aber der fünftgrößte Waffenexporteur der Welt und die Rüstungsindustrien verdienen an jedem Krieg, egal ob er in Libyen, Syrien oder im Jemen stattfindet. Ich habe immer Vorschläge unterbreitet, wie man zu einem Waffenstillstand kommt und welche Regierungen man benötigt, damit die Ukraine kein Territorium verliert. Die andere Haltung bedeutet, dass der Krieg noch zehn, 15 Jahre dauern kann. Das aber heißt sehr viele Tote, Verletzte und Zerstörungen in Kauf zu nehmen. Ich bin tatsächlich für einen anderen Weg.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi