Frage an Gregor Gysi von Frank Dipl.-Ök. M. bezüglich Soziale Sicherung
Hallo Herr Dr. Gysi,
ist der Sozialstaat, so wie wir ihn derzeit leben auf Dauer finanzierbar, wenn ja wie bzw. durch wen?
Immer wieder erleben wir, dass Jobs von 6,50 -7,50 einfach abgelehnt werden und dabei auf die Politik verwiesen wird. Für derartieg Löhne braucht man nicht arbeiten. Liegt hier nicht ein großer politischer Fehler in der Argumentation. Natürlich sind hohe Löhne schön. Aber wer z.B. 10 Jahre und mehr keine Beschäftigung ausübte, wird mit solchen Ansprüchen eher aus dem Arbeitsleben ausgeschlossen als integriert. Ich befürchte, dass wir mit einer solchen Argumentation nur diejenigen stärken, welche ungern arbeiten. Wäre es nicht sinnvoller die Menschen stärker zu fördern, die für sehr wenig Geld arbeiten, ja am Ende schlechter dastehen als manch Arbeitssuchender. Sollte nicht generell mehr für die arbeitende Bevölkerung getan werden, ohne die Arbeitssuchenden aus den Augen zu verlieren.
Sehr geehrter Herr Müller,
Sie sprechen die Frage der Verhältnismäßigkeit an.
Wir brauchen selbstverständlich ausreichende soziale Leistungen, d.h. eine soziale Grundsicherung, die sich nach dem Bedarf richtet. Im Unterschied zu Ihnen meine ich auch, dass die meisten Arbeitslosen sich dringend eine Arbeit wünschen. Ausnahmen gibt es selbstverständlich auch. Trotzdem brauchen wir auch eine Lohnerhöhung. Ein Lohn muss ein Leben in Würde ermöglichen. Deshalb fordern wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Er liegt in Frankreich zur Zeit bei 8,71 € brutto die Stunde. Niemand in Frankreich müsste für einen Lohn von 6,50 € bis 7,50 € arbeiten. Auch in Großbritannien gibt es einen höheren flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Aber in Deutschland gibt es einen solchen nicht. Deshalb werden wir weiterhin darum kämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi