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Frage von Udo R. •

Frage an Gregor Gysi von Udo R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi.

In letzter Zeit kommen mir vermehrt Zweifel am Sinn unseres sozialen Systems. Die Soziale Sicherung war urprünglich wohl dazu gedacht, Menschen in äußerster Not zu helfen. Das Leben außerhalb solcher Notfälle sollte und konnte der Einzelne durch den Lohn für seine Arbeit meistern. Dann wurde die Soziale Sicherung um den sozialen Ausgleich erweitert. Dieser sollte durch eine Umverteilung von Vermögenden hin zu weniger Vermögenden realisiert werden. Nun stellen wir aber fest, daß Reichtum und Armut sich entgegengesetzt entwickeln, statt in gleicher Weise.

Ist das vielleicht so zu erklären, daß keine Umverteilung im Sinne des sozialen Ausgleichs mehr stattfindet, aber die Leistungen weiter bestehen und sogar erhöht werden? Hat der soziale Ausgleich somit zu einer Entlastung der Wirtschaft geführt, da die Funktion des Arbeitslohnes dadurch unterlaufen wird? Ist das soziale System dadurch, daß es überwiegend nur noch von den Anspruchnehmern selbst finanziert wird, mehr und mehr unbezahlbar geworden? Handelt es sich mittlerweile (nicht nur) beim sozialen Ausgleich nicht vielmehr um eine Subvention der Wirtschaft? Ist Ihnen bekannt, wieviel Prozent der Kosten des sozialen Ausgleichs tatsächlich durch selbigen abgedeckt sind? Ist sozial denn noch sozial?

Um mal anhand eines Beispieles konkret zu fragen: Ist Kombilohn sozialer Ausgleich oder Subvention? Wie wird er - und warum - im Haushalt deklariert?

Mit freundlichen Grüßen
Udo Reidegeld

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Reidegeld,

Ihre Nachricht vom 2.8. hat mich erreicht.
Ich kann leider nicht ausführlich auf alle Fragen eingehen.

Auf jeden Fall haben Sie dahingehend Recht, dass die neoliberale Politik und die neoliberale Entwicklung den sozialen Ausgleich abbaut. Der Sozialstaatskompromiss wird immer stärker in Frage gestellt. Es ist kein Zufall, dass die Vermögenssteuer in Deutschland nicht mehr erhoben wird. Es ist auch kein Zufall, dass Armut und Reichtum gleichzeitig zunehmen.

Hinsichtlich des Kombilohnes stimme ich Ihnen völlig zu. Die Unternehmen könnten einen extrem niedrigen Lohn bezahlen, den Rest finanziert ja der Staat. Das ist beim besten Willen nicht hinnehmbar.

Wer Armut bekämpfen will, muss auch Steuergerechtigkeit herstellen, die gegenwärtig in unserem Lande fehlt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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