Frage an Gregor Gysi von Simon S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Lieber Genosse Gysi,
ich habe gestern eine Sendung bei Frau Illner gesehen, in der ihr Parteikollege Klaus Ernst ernsthaft für eine Besserbehandlung deutscher Arbeitskräfte gegenüber ausländischen plädiert hat. Ich kann ihn leider nur sinngemäß zitieren (Sie werden die Infrastruktur besitzen, den Originalwortlaut zu recherchieren,bei Interesse versteht sich), aber er argumentierte, dass wir keine ausländischen Facharbeiter brauchen, weil wir doch so viele arbeitslose Fachkräfte im Land haben. Dies ist eine m. E. nach (in Anlehnung an Lafontaine) gegen "Fremdarbeiter" gerichtete Politik, die die PDS a. D. dort in Teilen vollführt. Ich bin als 24jähriger in die SPD eingetreten, um dort für ein Bündnis mit ihrer Partei zu kämpfen, deren Ziele ich größtenteils teile (Ohne Demokratie kein Sozialismus, ohne Sozialismus keine Demokratie!). Wenn diese Partei aber nun eine nationalistische Politik verfolgt und nicht mehr die internationale Solidarität (Marx, Luxemburg, Dutschke, Globalisierung...) als Grundpfeiler ihrer Politik sieht, dann verlieren sie die Gefolgschaft derjeniger, die versuchen, andere Sozialdemokraten von einer Notwendigkeit einer Zusammenarbeit gegen den Aufschwung rechter Ideologie in Gesellschaft, Politik und vor allem Ökonomie zu gewinnen. Inwieweit sehen sie die Gefahr, dass das Tuch zwischen SPD und Linke so tief zerschnitten wird, dass es nicht mehr zu flicken ist und wie ist in diesem Zusammenhang der nationalistische Rückfall ihrer Spitzengenossen zu bewerten?
Lieber Simon Stratmann,
leider habe ich die Sendung nicht gesehen und werde auch in Kürze dazu nicht kommen, sie mir anzusehen. Wenn er gesagt haben sollte, dass man bei der Einwanderung keine Privilegierung von Facharbeiterinnen und Facharbeitern im Vergleich zu anderen vornehmen soll, weil es genügend Arbeitslose Facharbeiterinnen und Facharbeiter in Deutschland gäbe, dann plädiert er ja nicht für eine Schlechterbehandlung. Letzteres könnte ich mir auch nicht vorstellen. Regelmäßig treten wir dafür ein, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - unabhängig von ihrer Nationalität - immer gleich zu behandeln. Es gab dann offenkundig eine Auseinandersetzung mit den Regierungsplänen, die Einwanderung von Ungelernten zu erschweren aber die Einwanderung bestimmter Fachkräfte zu erleichtern.Mithin wandte er sich dann gegen eine Privilegierung und für die Gleichbehandlung von Einwanderinnen und Einwanderer. Im übrigen ist es tatsächlich nicht so leicht, eigenen Fachkräften zu erklären, dass sie arbeitslos werden, wenn gleichzeitig Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden. In der Asylpolitik sind wir uns aber völlig einig und Internationalismus gehört selbstverständlich zu unseren Politikfeldern. Es geht aber darum, die Menschen im eigenen Land für Internationalismus zu gewinnen, ihnen nicht Bedingungen zu liefern, die eine gegenteilige Einstellung befördern.
Mit solidarischen Grüßen
Dr. Gregor Gysi