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Gregor Gysi
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Frage von Carsten O. •

Frage an Gregor Gysi von Carsten O. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gysi,

die Positionen der Partei Die Linke - vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik - sind durchweg überzeugend, die neoliberale Politik ist auch unter rein ökonomischen Gesichtspunkten nicht haltbar. Aber warum schaffen die Vertreter der Linken es nicht, dies überzeugend rüberzubringen?

In der Sendung bei Anne Will vom 18. Mai wurde viel Unfug in die Welt gesetzt, ohne dass Sie dem etwas entgegenzusetzen hätten. Einmal war ein rein sachlicher Fehler, der sich auf den Spitzensteuersatz bezug: Da wurde etwas von 47,5 Prozent geschwafelt, in Wirklichkeit liegt er aber inklusive Solidaritätszuschlag bei etwas über 44 % - die Reichensteuer ab 250.000 Euro ist schlichtweg nicht der Spitzensteuersatz, das wird auch in steuerrechtlichen Abhandlungen nie so gesehen. Und wenn man dann auf den Unterschied zwischen 50 % und 44,5 % schaut, dann sind das ganze 5 % und ein hohes zusätzliches Milliarden-Aufkommen wäre gesichert.

Und dann wird davon geredet, die "Leistungsträger" würden wegziehen, wenn man sie steuerrechtlich mehr belasten würde. Welch ein grober Schwachsinn! Welches Land zählt zu den erfolgreichsten Ländern Europas mit dem besten Bildungssystem, den besten Fachkräften, einer hohen Lebensqualität: z.B. Dänemark, mit einem Spitzensteuersatz von 63(!)% und einer Staatsquote über 50 %.

Als ob die Wohnortwahl der Bürger in Europa von den Steuersätzen abhängen würde und als ob keine sozialen und familiären Bindungen zum Heimatland bestünden. Und als ob das Geld, was der Staat einnimmt, zum Fenster rausgeschmissen wäre und nicht sogar z.T. wieder zurückfließen würde - per kostenloser Bildung, Infrastruktur etc. Sogar die neoliberalen haben das erkannt und ein duales Steuersystem vorgeschlagen - weil Bürger nicht oder wenig mobil seien und Kapital sehr wohl.

Warum schaffen Sie und die Linken es nicht, die Öffentlichkeit über den neoliberalen Irrglauben aufzuklären, obwohl das doch bei näherem Hinsehen auf der Hand liegt?

MfG Carsten Oettinger

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Oettinger,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 20.5.
Einiges an Aufklärung hinsichtlich des Neoliberalismus haben wir schon geleistet. Das merkt man an veränderten Wahlergebnissen, veränderten Sendungen, vor allem an einem veränderten Zeitgeist.

Aber selbstverständlich ist das Ganze noch deutlich zu steigern und zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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