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Frage von Hajo F. •

Frage an Gregor Gysi von Hajo F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi

In den vergangenen drei Jahren wurde die Arbeitsgelegenheit MAE als Fördermaßnahme zur Integration in den Arbeitsmarkt massenhaft „verordnet“ (etwa 1,2 Millionen EEJ in 2007).
Selbst das agentureigene Institut für Arbeitsmarktforschung IAB hat die Sinnlosigkeit dieser Maßnahme festgestellt und bezeichnet sie höchstens als Ultima ratio. Das Institut weist darauf hin, dass die Vermittlungschancen auch zwei Jahre nach Maßnahmeeintritt etwa zwei bis drei Prozentpunkte niedriger liegen als bei Arbeitslosen, die keinen Ein-Euro-Job annehmen mussten.
( http://doku.iab.de/kurzber/2008/kb0208.pdf )

Nach den bisherigen realen Erfahrungen wird die Arbeitsgelegenheit MAE willkürlich, massenhaft und ohne Einwilligung des Betroffenen angeordnet. Das Hauptziel der Integration in den Arbeitsmarkt oder eine Qualifikation des Betroffenen wird in der Regel nicht erreicht.
An der Diskussion fällt auf, dass diese Maßnahme bis heute nicht wegen ihres Zwangscharakters grundsätzlich in Frage gestellt wird.
Für kompetente Fachleute steht inzwischen fest: die Arbeitsgelegenheit MAE ist vielfach Zwangsarbeit, die dem Charakter nach weder vom Grundgesetz der BRD (Artikel 12 u. 25), noch von vielen anderen internationalen Abkommen gedeckt ist. Sie widerspricht diesen Abkommen. Ich verweise hierzu z.B. auf das Verbot zur Zwangs- und Pflichtarbeit der Menschenrechtskonvention Art. 23 u. III Art. 8 oder Artikel 2, 1 des ILO-Übereinkommens über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930.
( http://www.forced-labour.de/die-ilo )

Wie ist es unter diesem Aspekt möglich, dass viele Mitglieder des Bundestages einem Gesetz (SGB II) zustimmen konnten, in dem sich ein so gravierender Verstoß gegen die anerkannte Menschenwürde und die international anerkannten Menschenrechte befindet? Ist es möglich das viele Abgeordnete diese Vereinbarungen gar nicht kennen?

Mit freundlichen Grüßen
H. Freese

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Sehr geehrter Herr Freese,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ihrer Kritik an den Ein-Euro-Jobs stimme ich völlig zu. Selbstverständlich haben Abgeordnete meiner politischen Richtung dem Gesetz auch nicht zugestimmt, die anderen meinten, dies sei ein Instrument zum "Fordern und Fördern", aber herausgekommen ist nur Zwang und Demütigung. Eigentlich müsste es die Aufgabe sein, dort richtige Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar im Interesse der Gesellschaft und der Betroffenen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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