Frage an Gregor Gysi von Thomas W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Dr. Gysi
Sie waren einmal für kurze Zeit in Berlin Wirtschaftssenator. Ein sehr kleiner Anlass bewegte Sie zum Rücktritt von diesem Posten, dieses war jedenfalls damals der offizielle Grund.
Ist es nicht eher so gewesen, als Sie noch in der Opposition waren, große Reden halten konnten und die unsoziale Politik von CDU und SPD angeprangert haben.
Dann kam das womit Sie nicht gerechnet hatten, viele Berliner wählten sie damals, das eine SPD und PDS Mehrheit zustande kam.
Sie erkannten sehr schnell, das Sie als Berliner Wirtschaftssenator unsoziale Reformen beschließen mußten, von denen Sie in der Opposition dagegen waren.
Deshalb der schnelle Abschied mit dem willkommenen Grund zum Rücktritt.
Was ihre Parteigenossen in Berlin für unsoziale Kürzungen beschlossen haben, wissen Sie sicher selbst.
www.wsws.org/de/2002/mar2002/spar-m27.shtml
Das gespart werden muss ist jeden klar.
Nur warum wird immer die Bevölkerung für die Misswirtschaft und Korruption einiger Politiker zur Kasse gebeten ?
Nun treten Sie an um in den Bundestag zu kommen.
Angenommen Sie schaffen es.
Dann sind wieder große Reden, wie damals in Berlin, von Ihnen gegen die unsozialen Kürzungen zu vernehmen.
Stellen Sie sich vor, die Wähler verhelfen im September SPD, Grüne und Linkspartei zu einer Regierungsmehrheit.
Was machen Sie dann ?
Mit der Linkspartei in der Opposition bleiben und wie bisher alles anders machen wollen ?
Oder ähnlich wie damals in Berlin ein Regierungsamt übernehmen und wenn es nicht so läuft wie man es sich vorgestellt hat,
irgendwie seinen Abschied einzureichen ?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Walter
Sehr geehrter Herr Walter,
Ob der von Ihnen angesprochene Rücktritt damals die angemessene Reaktion war, darüber gehen die Meinungen auseinander. Zum damaligen Zeitpunkt konnte ich meine Glaubwürdigkeit meines Erachtens nur durch einen Verzicht auf Amt und Diäten wiederherstellen.
Die jetzige rot-rote Koalition in Berlin hat einen einmaligen Schuldenberg übernommen und versucht stets, bei solider Sparpolitik Kürzungen im sozialen Bereich so weit wie möglich zu vermeiden. Wenn Sie sich für Einzelheiten interessieren, so lege ich Ihnen die Broschüre "Fragen und Antworten zur Berliner Regierungsbeteiligung" (www.pds-berlin.de) dringend ans Herz. Dass die Linkspartei im Anschluss an die Bundestagswahl sich an einer Regierung mit der SPD und den Grünen beteiligt, halte ich für ausgeschlossen. Nicht, weil wir Regierungsverantwortung scheuen (im Gegenteil, gerne würden wir unsere Forderungen umsetzen können), sondern weil Rot-Grün eine unsoziale Wirtschaftspolitik weiterführen will, zu der wir zur Zeit die einzige soziale Alternative darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi