Frage an Gregor Gysi von Lorenz B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Gysi,
kurz vorab, ich habe bei der letzten BW für Ihre Partei gestimmt, in erster Linie, da sie mir die konsequentesten Antworten auf Fragen sozialer Ungleichheiten zu bieten schien.
Nachdem ich allerdings vom Besuch Ihrer Vizefraktionsvorsitzenden, Frau Hänsel, beim venezuelischen Präsidenten Maduro hörte, welcher einigen Medienberichten zufolge Züge einer Aufwartung hatte, beschleicht mich der Verdacht, ich könnte mich verwählt haben ...
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die Ihnen die kritische Aufarbeitung der SED - Parteidiktatur nicht abnehmen.
Aber der Besuch bei einem autokratisch herrschenden Machthaber, die demonstrativ gezeigte Verbundenheit mit jemandem einzig aufgrund der Tatsache, dass er sich sozialistisch nennt, deutet in meinen Augen auf eine Art Betriebsblindheit hin, die ich eigentlich schon überwunden glaubte.
Wie ist Ihre Haltung dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Lorenz Böhme
Sehr geehrter Herr Böhme,
ich hätte diesen Besuch auf jeden Fall nicht abgestattet. Natürlich weiß ich, dass die USA Söldner nach Venezuela entsendeten, das ist unerhört und darf nicht toleriert werden. Auf der anderen Seite geht es auch nicht, dass sich ein Parlamentspräsident einfach zum Präsidenten erklärt. Aber vorher hat Maduro das Wahlergebnis für die Parlamentswahl dadurch nicht anerkannt, dass er einfach eine neue Kammer geschaffen hat. Auch das geht nicht. Es wäre nötig gewesen, dass die neue Parlamentsmehrheit und der Präsident sich auf eine Form der Machtausübung einigen. Es war auch ein Fehler unseres Außenministers, den Parlamentspräsidenten gleich als richtigen Präsidenten anzuerkennen. Sie sehen, ich übe Kritik an allen Seiten. Gespräche lehne ich natürlich auch nicht ab. Aber wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, dann hätte ich nicht nur mit Maduro, sondern auch mit dem Parlamentspräsidenten gesprochen. Die Einseitigkeit stört mich. Heike Hänsel kommt übrigens nicht aus der SED sondern aus der alten Bundesrepublik.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi