Frage an Gregor Gysi von Matthias D. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Gysi,
die Versicherer von Rürup-Renten (Basisrenten) werben damit, dass das angesparte Vermögen nicht auf das Arbeitslosengeld 2 angerechnet wird, egal wieviel man für seine spätere Rente angespart hat.
Gleichzeitig gibt es aber Höchstgrenzen für die Altersversorgung, die beim Arbeitslosengeld 2 berücksichtigt werden.
Laut "Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende -
§ 12 Zu berücksichtigendes Vermögen" heisst es:
"...... 3.) geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt......."
Ich bin 53 Jahre alt und habe 2015 eine zertifizierte Basisrente abgeschlossen. Gleichzeit bin ich noch in der gesetzlichen Rentenversicherung. Wieviel vom angesparten Kapital in der Rürup-Rente wird bei Antrag auf Arbeitslosengeld 2 nicht als Vermögen angerechnet?
A.) Das gesamte Vermögen im Rürup-Vertrag wird nicht anerechnet, egal wieviel angespart wurde. So wie die Aussagen der Versicherer.
B.) In meinem Fall, 53 Jahre x 750,- Euro = 39.750,- Euro. Das heisst, alles was über 39.750,- Euro angespart wurde, wird im Fall von Antrag auf Arbeitslosengeld 2 als Vermögen angerechnet.
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüssen
Matthias Dames
Sehr geehrter Herr Dames,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 23. Juni. Um Ihnen eine exakte Auskunft geben zu können, habe ich Ihr Schreiben an unseren rentenpolitischen Sprecher, den Abgeordneten Matthias W. Birkwald, weitergeleitet. Ich hoffe, dass Sie bald eine Antwort erhalten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gregor Gysi
Sehr geehrter Herr Dames,
Sie sprechen ein großes Manko an:
Das Arbeitslosengeld II ist tatsächlich unzureichend abgestimmt mit der Altersvorsorge.
Leider ist die für Sie nachteilige Antwort richtig: Eine Rürup-Rente ist nicht komplett anrechnungsfrei, sondern nur bis zu 750 Euro pro Lebensjahr. Für Sie sind das die 39.750 Euro, die Sie ja schon ausgerechnet haben.
Etwas detaillierter ist es noch:
- Die 750 Euro pro Lebensjahr gelten auch für eine Ehefrau bzw. einen Ehemann. D.h. die Lebensjahre von Paaren werden zusammengerechnet, und das geschützte Vermögen erhöht sich entsprechend.
- Das geschützte Vermögen ist begrenzt, für Personen ab Geburtsjahr 1963 auf 50.250 Euro. Aber das betrifft erst Menschen ab einem höheren Alter - oder Eheleute.
Anders ist es bei der Riester-Rente: Diese ist komplett anrechnungsfrei. Die Riester-Rente fällt unter die Nummer 2 in § 12 Abs. 2 S. 1 SGB II, weil sie bei der Einkommensteuer ausdrücklich gesetzlich gefördert wird (durch eine Altersvorsorgezulage nach §§ 79 ff).
Die Rürup-Rente dagegen ist zwar steuerlich absetzbar, dies gilt aber noch nicht als gesetzliche Förderung. Deshalb fällt sie unter die Nr. 3 von § 12 Abs. 2 S. 1 SGB II, mit der entsprechenden Begrenzung.
Wenn eine Versicherung damit wirbt, dass eine Rürup-Rente komplett anrechnungsfrei sei, könnten Sie die Verbraucherschutzzentrale Ihres Bundeslandes darauf aufmerksam machen, denn das ist eine schlicht unzutreffende Angabe. Wie gesagt: Bei der Riester-Rente ist es anders.
Wenn Ihnen bei Abschluss Ihres Rürup-Versicherungs-Vertrags mitgeteilt wurde, dass Ihre Rürup-Rente komplett anrechnungsfrei ist, wäre das auch eine falsche Information über den Vertragsgegenstand. Eventuell könnten daraus zivilrechtliche Ersatzansprüche oder ein Kündigungsrecht folgen - dazu kann auch die Verbraucherschutzzentrale mehr Informationen geben.
Das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale Brandenburg finden Sie hier: https://www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/beratung-bb .
In diesem Sinne und
mit freundlichen Grüßen,
Ihr Matthias W. Birkwald