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Frage von David S. •

Frage an Gregor Gysi von David S. bezüglich Gesundheit

Lieber Gregor Gysi ich habe eine Frage an sie

Wieso sind die unten genannten Inhaltsstoffe erlaubt obwohl sie nachgewiesenermaßen keinen positiven Nutzen für die Gesundheit haben?

Warum verbietet man diese nicht einfach und gibt den Herstellern anhand von Listen vor welche Stoffe sie verwenden dürfen?

denn aus meiner Sicht gehören diese Stoffe verboten ohne Ausnahme, dann wären die Verbraucher vielleicht auch gewillt mehr für Lebensmittel auszugeben.

mir geht es dabei um

-Nitritpökelsalz,
-Azofarb-stoffe
-Benzoesäure / Natriumbenoat
-Fluoride,Natriumfluorid
-Glyphosat
-Schmelzsalze (E450 bis E495)
-Aspartam
-E102 – Tartrazin ( Der Stoff war sogar schon einmal in Deutschland verboten und ist dank der EU jetzt wieder erlaubt)
-E104 – Chinolingelb
-E110 –Gelborange S
-E122 – Azorubin (Carmoisin)
-E123 – Amaranth
-E124A – Chochenillerot A
-E127 – Erythrosin
-E129 – Allurarot AC
-E142 – Grün S
-E150C – Ammoniak-Zuckerkulör
-E151 – Brillantschwarz BN
-E154 – Braun FK
-E155 – Braun HT
-E173 – Aluminium
-E180 – Litholrubin BK
-E239 – Hexamethylentetramin
-E284 – Borsäure
-E285 – Natriumtetraborat (Borax)
-E385 – Calcium-dinatrium-ethylen-diamin-tetraacetat (Calcium-dinatrium-EDTA)
-E407 – Carrageen
-E425 – Konjak
-E512 – Zinn-II-Chlorid
-E999 – Quillaja-Extrakt

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Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Schulz,

vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Fragen.

„Wieso sind die unten genannten Inhaltsstoffe erlaubt obwohl sie nachgewiesenermaßen keinen positiven Nutzen für die Gesundheit haben?“

Ich beginne zuerst damit, wie die von Ihnen genannten Lebensmittelzusatzstoffe reguliert sind. In der EU sind zuerst einmal alle Lebensmittelzusatzstoffe verboten, solange keine Erlaubnis erteilt wurde. Dies nennt sich „Erlaubnisvorbehalt“ und ist in Deutschland durch § 6 „Verbote für Lebensmittelzusatzstoffe“ im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch verankert. Die Erlaubnis der Ausnahmen wird durch das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Zustimmung des Bundesrates gegeben. Eine Zulassung darf gemäß der europäischen Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe (EG Nr. 1333/2008, Kapitel II Art. 6) nur erteilt werden, wenn sie gesundheitlich unbedenklich sind, soweit die verfügbaren wissenschaftlichen Daten ein Urteil hierüber erlauben, sie technologisch notwendig sind, Verbraucher durch ihre Verwendung nicht getäuscht werden. Aber auch mindestens ein positiver Nutzen für die Verbrauchenden ist Bedingung. Dazu stehen beispielsweise zur Auswahl die Erhaltung der Qualität oder Stabilität eines Lebensmittels und die Verwendung als Hilfsstoff bei Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, Transport oder Lagerung von Lebensmitteln.

Sie haben als Beispiel Nitritpökelsalz genannt. Dieses ist ein in Deutschland zugelassenes Konservierungsmittel. Es hemmt das Wachstum von giftigen Mikroorganismen und beugt durch seine antioxidativen Eigenschaften dem Ranzigwerden vor, was als Nutzen für Verbrauchende gilt. Das im Pökelsalz enthaltene Nitrit kann mit Aminen (Eiweißstoffen) sogenannte Nitrosamine bilden. Diese werden für den Menschen als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Da die Grenze hierfür fließend verläuft, werden akzeptable Tagesdosen festgelegt, bei denen die Wirkungen zu vernachlässigen sei. Dabei wird hingenommen, dass in kleinen Dosen - wenn auch geringere - schädliche Effekte hervorgerufen werden, dass keine Langfristwirkungen oder Wechselwirkungen zu anderen Schadstoffen überprüft werden. Darüber hinaus sind die Studien durch die antragsstellenden Unternehmen bereit zu stellen. Hier ist der Anreiz groß, nur die Studien einzusenden, die einer Zulassung dienlich sind und andere verschwinden zu lassen. Dieser Interessenkonflikt muss aufgelöst werden!

In der EU ist seit 2003 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für die gesundheitliche Bewertung von Zusatzstoffen zuständig, bevor sie für die Verwendung auf dem europäischen Markt zugelassen werden können. Wir kritisieren, dass die EFSA und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung bei ihren Bewertungen im Interesse der antragsstellenden Unternehmen und viel weniger der Verbrauchenden entscheiden. Es wird häufig argumentiert, dass epidemiologischen Studien einen Zusammenhang zu Krankheiten weder eindeutig belegen noch widerlegen. In diesem Spielraum entscheiden sie dann zumeist für eine Zulassung. Wir wollen, dass im Zweifel für Verbrauchende entschieden wird! Dazu müssen die finanziellen Abhängigkeiten der durchführenden Labore aufgehoben werden.

Warum verbietet man diese nicht einfach und gibt den Herstellern anhand von Listen vor welche Stoffe sie verwenden dürfen?
In der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung gibt es eine Positivliste inklusive Höchstmengenangaben:
https://www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/BJNR023100998.html
Indem aus dieser Liste die vielen unnötigen Zusatzstoffe herausgenommen werden, könnten die von Ihnen genannten Stoffe verboten werden. Wird die gesundheitlichen Unbedenklichkeit nicht nachgewiesen, sollte hiervon Gebrauch gemacht werden. Es ist mir unverständlich, dass beispielsweise auf Zusätze wie Farbstoffe, die keine hygienische Bedeutung haben, nicht verzichtet werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Gregor Gysi

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