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Gregor Gysi
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Frage von Franz M. •

Frage an Gregor Gysi von Franz M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gysi,

ich halte sehr viel von Ihnen aber ihre Einstellung zum Kosovo verstehe ich nicht. Klar verstehe ich, das Sie aus politischen Gründen eine andere Meinung haben als die derzeitige Regierung. Sie Pochen auf das Völkerrecht. Gilt dieses Recht auch wenn ein Staat wie Serbien sein Volk massakriert usw. hat? Ich bin der Meinung wer sein Volk misshandelt hat,hat auch das Recht verloren dieses Volk zu Regieren.
Wurden die katholischen Nordiren, die Basken in Spanien etc. wie die Albaner behandelt?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Maurer,

vielen Dank für Ihre weitere Nachricht vom 21. 12. 2007.
Das Problem ist, dass eine aus Ihrer Sicht gute Lösung in der einen Frage zu vielen Problemen bei anderen Fragen führen wird. Es gibt einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, der die Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien vorsieht. Weder Russland noch China sind bereit, den Sicherheitsratsbeschluss zu verändern. Ein Veränderung kann also nur völkerrechtswidrig herbeigeführt werden. Wenn die USA diese völkerrechtswidrige Veränderung unterstützen, werden andere Staaten in anderen Fällen dasselbe tun. Auch die Basken behaupten, regelmäßig menschenrechtswidrig in Spanien behandelt worden zu sein. Das gilt ebenso für die katholischen Nordiren. Erst Recht gilt dies für bestimmte Völker innerhalb Russlands. Wo soll die Grenze liegen? Ab welchen Grad von Menschenrechtsverletzungen soll es ein Recht auf Loslösung gegen den Willen des Staates geben? Wenn das hier geschieht, warum darf es nicht wo anders geschehen? Hinzu kommt noch, dass viele Städten der serbisch-orthodoxen Kirche im Kosovo liegen, die Frage des Lebens der Serben im Kosovo noch nicht geklärt ist.

Wenn gegen den Willen des Sicherheitsrates eine solche Entscheidung getroffen werden sollte, ist auch die völkerrechtliche Grundlage für die Existenz ausländischer Truppen im Kosovo beseitigt. Blieben die Truppen dennoch stehen, wäre eine weitere Völkerrechtswidrigkeit gegeben. Auch dagegen müsste ich argumentieren, vielleicht sogar vorgehen.

Auf jeden Fall unterstütze ich einen hohen Grad an Autonomie für den Kosovo, aber eine Loslösung nur dann, wenn sie völkerrechtsgemäß ist, d.h. in Übereinstimmung mit der serbischen Regierung geschieht.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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