Frage an Gregor Gysi von Dirk K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
letzte Woche habe ich erstaunt zur Kenntnis genommen, dass gem. Entscheidung des Bundeskabinettes die Abstimmungen über das ISAF-Mandat und das Tornado-Mandat (ab 13.10.07) gekoppelt werden sollen. Ich sehe hierbei sowohl (a) den ISAF-Einsatz (Wiederaufbau) und (b) den Tornado-Einsatz ("Eigenschutz" der ISAF-Truppen durch Aufklärung) mit diesen Zweckbestimmungen und für sich gesehen sinnvoll und notwendig an - so denn eine völkerrechtlich Abgedeckung permanent gewährleistet ist.
Während ich die zu "a" annehme sehe, ich dies auf Grund der Verquickung der Kommandostrukturen vor Ort mit OEF als nicht durchhaltefähig gesichert an. Ich spreche hier von der "Gefahr" der Weitergabe von Aufklärungsbildern an die OEF-Truppen, welche in der Vergangenheit mehr als einmal durch ihre sog. "Kolateralschäden" in die Schlagzeilen gerieten und damit nicht zuletzt das Vertrauen der dortigen Bevölkerung in den ISAF-Einsatz und seinem Konzept "winning hearts & minds" gefährdet haben.
Da BVerfG sieht in seinem Tornado-Urteil die o.a. Verquickung als nicht gegeben an, gesteht jedoch ein, dass "soweit eine Aktion der Operation Enduring Freedom - was nicht auszuschließen sei - mit dem Völkerrecht nicht im Einklang stünde und sich auch auf Aufklärungs- ergebnisse der Tornados zurückführen ließe, eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der NATO (hier: der Bundeswehr) ausgelöst werden könnte.
Beraubt man sich - vor diesem Hintergrund - bei einer Gesamtabstimmung nicht der Möglichkeit einer ggf. notwendigen "nachträglichen" parlamentarischen Kontrolle zugunsten abstimmungstaktischen "Spielereien", wenn Einsatz "b" völkerrechtlich aus dem Ruder läuft und böte dies nicht zuletzt wieder Raum für eine Organklage, wegen einer mögl. Verletzung des Parlamentsvorbehaltes?
"2 Einsätze mit unterschiedl. völkerr. Gefahrenpotential = Recht auf 2 Abstimmungen ?"
MfG, Dirk Käufer
Sehr geehrter Herr Käufer,
Ihre Nachricht vom 28. September 2007 hat mich erreicht. Für den ISAF-Einsatz gibt es eine Legitimation durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Der OEF-Einsatz wird auf das Selbstverteidigungsrecht der USA gestützt. Bei dem Terroranschlag im Jahre 2001 konnte davon ausgegangen werden, dass die Terroristen durch die Regierung Afghanistans unterstützt worden waren. Heute sind die USA mit der Regierung Afghanistans aber befreundet. Vom Staat Afghanistan geht kein Angriff und keine Gefahr für die USA aus. Deshalb meinen wir, dass ein Selbstverteidigungsrecht der USA nicht mehr gegeben ist. Hinzu kommt noch, dass die Taliban sich überwiegend in Pakistan aufhalten und zum Kampf mit USA-Truppen extra einreisen. Allerdings gibt es nun auch Kämpfe von ISAF-Truppen gegen die Taliban, so dass eine Vermischung gegeben ist. Ob wir erneut eine Organklage einreichen werden, kann ich Ihnen heute noch nicht mitteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi