Frage an Gregor Gysi von Michael P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
- Sie haben zu Beginn dieses Jahres eine Rede vor Altkadern der Stasi (im Verein Isor) gehalten.
Meine Frage lautet:
Gibt es eine Prüfung der Verfassungstreue - analog zu den Beamten (s. u.) - auch für Abgeordnete des Deutschen Bundestages?
Ich denke, ohne Treue zur Verfassung darf und sollte ein Bundestagsabgeordneter nicht das Deutsche Volk vertreten; oder was denken Sie?
Ich denke, ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages darf keine Reden vor den Stasi-Schergen des SED-Unterdrückungsapparates halten; oder was meinen Sie?
Ich denke, ein Untersuchungsauschuss sollte klären, aus welchen Gründen ein Volksvertreter der BRD vor Altkadern der Stasi Vorträge hält - und ob man in solchen Fällen eine Treue zur Verfassung bzw. dem Grundgesetz der Bundesrepublik noch fernerhin unterstellen darf.
Ich denke, dass Deutschland aufgrund seiner historischen Nazi-, SED- und Stasi Erfahrungen das Recht hat, von seinen Bundestagsabgeordneten die explizite Treue zu den den Staat begründenden Verfassungsgrundsätzen zu verlangen.
+++ Oder was erklären Sie dazu ? +++
Prüfung der Verfassungstreue von Beamten ist weiter nötig
Inneres/Antwort
Berlin: (hib/SUK) Die Bundesregierung hält es nicht für erforderlich, Konsequenzen aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu ziehen, in dem im September 1995 befunden wurde, der "Radikalenerlass" verstoße gegen elementare Bestandteile der Menschenrechte. Damals hatten die Richter über den Fall einer Lehrerin entschieden, die sich aktiv für die KKP engagiert hatte und daraufhin als Lebenszeitbeamtin aus dem Schuldienst entfernt worden war. In ihrer Antwort (16/6210) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/6128) weist die Regierung darauf hin, der EGMR habe auch klargemacht, dass Deutschland "aufgrund seiner historischen Erfahrungen" das Recht habe, von seinen Beamten "die Treue zu den den Staat begründenden Verfassungsgrundsätzen zu verlangen". (...)
MfG
M. Pfeiffer
DiplVerwW (FH)
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
Ihre Nachricht vom 19. August hat mich erreicht. Eine solche Überprüfung gibt es selbstverständlich nicht, weil sie das passive Wahlrecht einschränkte. Es müsste ja dann Leute geben, die entscheiden dürfen, wer für den Bundestag kandidieren darf und wer nicht. Bei Beamten ist dies anders.
Außerdem lassen Sie sich von Medien zu leicht beeinflussen. Isor ist eine Organisation, die für Renten streitet. Diese Organisation gibt es in allen Bezirken und Kreisen Ostdeutschland. Und selbstverständlich spreche ich bei Ihnen wie bei anderen Organisationen, und zwar einmal zu den Renten, aber auch zu anderen politischen Fragen und dabei gibt es - zum Teil erhebliche - Auseinandersetzungen. Isor geht es übrigens nicht nur um die Renten für Staatssicherheitsleute, sondern auch für NVA-Offiziere, für Angehörige der Zollverwaltung und der Polizei.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi