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Frage von Dominique S. •

Frage an Gregor Gysi von Dominique S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

im Januar schrieb ich Ihnen über die Verurteilungen der BRD durch den Europ. Gerichtshof für Menschenrechte und die manglende Umsetzung der Urteile und Rechtsprechung des EGMR in der BRD.
Als weiteres Beispiel sei der Fall der Familie Haase genannt.
Auch dort werden immer mehr abscheuliche Details über die Vorgehensweise der Behörden bekannt. U.a. berichtete kurzlich eines der betroffenen Kinder, wie es (mit 3 J.!) gesagt bekam :"Du kommst jetzt in ein Heim - Deine Eltern sind tot!"
Auch in diesem Fall wurde Deutschland bereits durch den EGMR verurteilt.
Wie der Fall Görgülü und Berichte zahlreicher anderer Betroffener zeigen, handelt es sich hierbei keineswegs um Aussetzer einzelner Richter oder Sachbearbeiter. Für die Menschen in diesem Land gibt es defacto (nicht de jure) keinerlei Schutz vor der Willkür der Jugendämter und Familiengerichte.

Hierbei seien folgende Punkte erwähnt:
Obwohl mit umfangreichen Machtbefugnissen ausgestattet, gibt es kaum staatliche Kontrolle über das Vorgehen der Jugendämter. (Zur Erinnerung im Fall Görgülü, erklärten Sachbearbeiter des JAs offen sich nicht an den Beschluß des BVergG zu halten - ohne Konsequenzen)

Durch das FGG haben die Richter über die Kontrolle der Beweismittel faktisch jede Möglichkeit Verfahren zu manipulieren.

Es gibt kaum eine Möglichkeit gegen Richter wegen Rechtsbeugung vorzugehen.

Für Gutachter, gibt es defacto keine Qulitätskriterien. Und Gutachter die zu 100% von Gerichtsaufträgen leben, kann man getrost jegliche Unabhängigkeit absprechen. (Im Fall Görgülü wurde eine Gutachterin beauftragt, die in der Vergangenheit einem Kind einer Problemfamilie eine positve "Entwicklung" bescheinigte - das Kind war zum Zeitpunkt der "Begutachtung" jedoch schon seit Wo. tot!)

Die BRD ist völkerrechtlich verpflichtet die Rechtssprechung des EGMR umzusetzen!
Wie stehen Sie Herr Dr. Gysi zu der beschriebenen Problematik und wie kann eine Veränderung erreicht werden?

MfG
D. Strauss

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Strauss,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 11. April. Seit längerer Zeit streiten wir im Bundestag dafür, bestimmte völkerrechtliche Konventionen und Entscheidungen der Europäischen Gerichtshöfe umzusetzen. Besonders markant war ja der Fall, bei dem das Oberlandesgericht In Nauenburg die Rechte eines Betroffenen nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterhin verletzte, selbst dann, als das Bundesverfassungsgericht eine andere Entscheidung getroffen hatte. Immerhin sind jetzt die drei Richter der Rechtsbeugung angeklagt und es wird interessant sein, das Verfahren abzuwarten.

Wir werden diesbezüglich aktiv bleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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