Frage an Gregor Gysi von Wilfried M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
in der Wissenschaft ist es üblich, daß Ausarbeitungen/ Aufsätze / Gutachten den Namen und Kontaktdaten des Verantwortlichen erkennen lassen.
Die Ausarbeitung WD 2 - 108/06 zu "Überleitungsvertrag und „Feindstaatenklauseln“ im Lichte der völkerrechtlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland" läßt in der veröffentlichten Form nicht erkennen, wer sie persönlich verantwortet (1).
Mich interessiert der Grund (sachlich, rechtlich) für die wissenschaftsunübliche Geheimhaltung.
Desweiteren möchte ich erfahren, ob der am 27./28. September 1990 erfolgte Notenwechsel zwischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, der USA und des Vereinigten Königreichs (2) seinerzeit auch den Verantwortlichen der damals noch existierenden Deutschen Demokratischen Republik bekannt gemacht und von der Volkskammer abgesegnet wurde.
Könnten die Rechtsfolgen des -von nur ein paar Personen geführten- Schriftverkehrs nach Ihrem Rechtsverständnis ohne informiertes Einverständnis des DDR- Parlamentes bzw. der DDR- Bevölkerung gültig geworden sein und gar "versteinertes Besatzungsrecht" (1, S.7) auf Ewigkeit festschreiben?
Wäre es Ihnen als MdB und Jurist möglich bzw. erlaubt oder gar abzuverlangen, Licht in das Dunkel zu bringen oder ggf. warum nicht?
Und: Würden Sie heute gern das "versteinerte Recht" juristisch / verwaltungsrechtlich außer Kraft setzen, auf politische Überwindbarkeit hoffen oder lieber alles so belassen?
Ich bitte um vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung
Mit freundlichem Gruß
Dipl. med. W. M.
Facharzt für Anatomie, Psychiatrie und Psychotherapie a.D.
Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.
1) https://www.bundestag.de/resource/blob/414956/52aff2259e2e2ca57d71335748016458/wd-2-108-06-pdf-data.pdf
2) https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl290s1386.pdf%27%5D__1558150886058
Sehr geehrter Herr M.,
Ihre Nachricht vom 25. Mai hat mich erreicht. Ich bin nicht in der Lage, auf all Ihre Fragen zu antworten. Ich habe keine Erinnerung daran, dass die Volkskammer informiert wurde. Ich weiß nicht, ob der Ministerrat der DDR informiert wurde. Aber auch wenn keine Information stattfand, gibt es die Gültigkeit, weil anschließend die DDR ja nur dem Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist und damit alle Verträge und Notenaustausche mit übernommen hat.
Allerdings weiß ich, dass sich später herausstellte, dass der Zwei-Plus-Vier-Vertrag geheime Verträge über die faktische Fortsetzung von Besatzungsrechten aufgehoben hatte. Hier erfolgte erst auf unseren Druck hin im Sommer 2013 ein Notenaustausch, der feststellt, dass diese Verträge nicht mehr gelten. Ein solcher Notenaustausch ist durchaus rechtsverbindlich.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi