Frage an Gregor Gysi von Bernd M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
In der aktuellen Regierung haben wir durch Überhangs- und Ausgleichsmandate 709 Abgeordnete, 79 mehr als in der letzten Periode. Der XXL-Bundestag kommt uns teuer zu stehen. Die Anzahl der Abgeordneten wird aber durch das Bundeswahlgesetz vorgegeben.
Frage:
Wird das Bundeswahlgesetz mit Ihrer Hilfe bald dahingehend geändert, dass z.B. 500 Abgeordnete die Obergrenze sind?
Frage:
Sind Sie auch dafür, dass der 2. Regierungssitz in Bonn zeitnah aufgelöst wird? Die Kosten sind schon lange nicht mehr vermittelbar.
Vielen Dank für Ihre geschätzte Antwort.
B. M.
Sehr geehrter Herr M.,
Ihre Nachricht vom 14. September hat mich erreicht.
Gleich zu Beginn der Legislaturperiode habe ich einen Brief an den Bundestagspräsidenten und alle Fraktionsvorsitzenden geschrieben, dass der Bundestag unbedingt verkleinert werden muss. Ich bin für etwa 600 Abgeordnete und nicht für 700, die der Bundestag gegenwärtig aufweist. Ich will die Zahl kurz erklären. Es gibt in Deutschland 299 Wahlkreise. In jedem Wahlkreis wird eine Person direkt in den Bundestag gewählt. Die Wahlkreise sind jetzt schon sehr groß. Deshalb hielte ich nichts davon, weniger Wahlkreise zu installieren. Das Territorium und die Zahl der Menschen, die ein einzelner Abgeordneter dann zu betreuen hätte, wären dann nicht mehr verkraftbar.
Eine gute demokratische Gepflogenheit besteht darin, dass über die Listen der Parteien noch einmal so viele Abgeordnete gewählt werden, wie die direkt in den Bundestag Entsandten. Das ergäbe dann eine Zahl von 598 Abgeordneten. Berücksichtigt man noch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Überhangmandate, könnten es knapp um die 600 Abgeordnete werden.
Auf meine Anregung hin erhielt ich positive Nachricht durch den Bundestagspräsidenten und den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im Bundestag. Der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat nun einen Vorschlag unterbreitet, wonach das Bundeswahlgesetz nicht für die nächste Wahl, also für das Jahr 2021, sondern erst für die übernächste Wahl, also für das Jahr 2025, verändert werden soll. Er rechnet sich größere Chancen aus, wenn die Abgeordneten nicht über ihr eigenes Schicksal sondern erst über das Schicksal der Abgeordneten in acht Jahren zu entscheiden haben. Ich wäre allerdings dafür, das Wahlrecht schon für die nächste Legislaturperiode zu ändern. Wir werden sehen, wie der Bundestag darauf reagiert.
Den zweiten Regierungssitz in Bonn halte ich inzwischen für völlig indiskutabel. Ein Umzug kostet mit den entsprechenden Übergangsregelungen viel Geld. Aber es ist eine einmalige Ausgabe und wir würden anschließend viele Kosten einsparen. Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen. Ein Ausschuss hat 24 Tagesordnungspunkte. Zu einem Tagesordnungspunkt müssen drei Personen aus einem Bundesministerium in Bonn nach Berlin anreisen. Wir übernehmen die Kosten für den Hin- und Rückflug. Dann wird der Tagesordnungspunkt gestrichen und die gesamte Reise war umsonst. Oder es gibt gar keine Fragen an die Mitarbeiter. All das ist schon geschehen. Außerdem ist es viel effizienter, wenn die Regierung einen Sitz hat und dieser in Berlin liegt.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi