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Gregor Gysi
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Gregor Gysi von Wilfried M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Dr.iur Gysi,
zu den wenigen von Ihnen noch nicht beantworteten Fragen gehören
1. die nach Ihren Vorstellungen bzgl. möglicher seelischer Langzeit- Auswirkungen doppelter Staatsbürgerschaften (9/2017, 1)
2. die nach Ihrem Faschismusbegriff und den in Aussicht gestellten Arbeitsergebnissen der Rosa-Luxemburg-Stiftung hierzu (4/2016, 2).

Würden Sie bitte so freundlich sein, alle Fragen hier noch zu beantworten oder die Hinderungs-Hintergründe zu nennen?

Mit freundlichem Gruß
Dipl. med. W. M.
Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.
1) https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-gregor-gysi/question/2016-09-22/272900
2) https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-gregor-gysi/question/2016-04-01/269011

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr M.,

gern beantworte ich Ihnen die noch offenen Fragen.

1. Die so genannte doppelte Staatsbürgerschaft ist nach wie vor ein geeignetes Instrument, um es Menschen mit einem breit gefächerten familiären Hintergrund und entsprechenden Wurzeln in verschiedenen Staaten und Kulturen zu ermöglichen, aus diesen Wurzeln für ihr aktuelles Leben Kraft zu gewinnen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in die Gesellschaft einzubringen und diese dadurch zu bereichern.
Seelische Probleme wegen eventueller doppelter Loyalitäten sehe ich nicht, da die Staatsbürgerschaft zwar mit bestimmten Rechten und Pflichten verbunden ist, aber enge psychologische Bindungen an den Staat, aus denen seelische Belastungen resultieren könnten, doch eher die Ausnahme sind.
Die Tatsache, dass in Deutschland mehrere Millionen Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft leben - in anderen Staaten dürften es noch weit mehr sein – spricht schon gegen die These gravierender seelischer Auswirkungen, die, wenn es sie gäbe, zu einer gravierenden Reduzierung der Zahl doppelter Staatsbürgerschaften führten.

2. Angesichts der Singularität der Verbrechen des deutschen Faschismus plädiere ich weiterhin dafür, mit diesem Begriff für die Bezeichnung aktueller systemischer Entwicklungen von Staaten und Gesellschaften zurückhaltend zu sein.
Gleichwohl ist nicht von der Hand zu weisen, dass mit der Präsidentschaft Trumps die totalitäre Herrschaft eines entfesselten Kapitalismus als Antwort auf die Krisen des Neoliberalismus an Wahrscheinlichkeit zugenommen hat und seine Strategie des maximalen nationalen Egoismus auch in Europa um sich greift. Diese Rechtsentwicklung ist eine Gefahr für die Demokratie.
Der Aufsatz von Prof. Dr. Michael Brie vom Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung „Auswege aus der Krise des Neoliberalismus“ geht anknüpfend an Hannah Arendt auf den Zusammenhang ein. Sie finden den Artikel unter https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/allg_Texte/Brie_Michael/MBrie_Auswege.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Gregor Gysi

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