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Gregor Gysi
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Frage von Marco B. •

Frage an Gregor Gysi von Marco B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gysi,

mit etwas Erstaunen musste ich heute im Online-Teil der Süddeutschen Zeitung lesen, dass Sie Herr Chodorkowskijs Begnadigung als überfälligen Schritt bezeichnen. ( http://www.sueddeutsche.de/politik/kremlkritiker-chodorkowskij-erstaunliche-wuerde-bewahrt-1.1848981 )

Ich mache kein Hehl daraus, dass mich dieser Medien-Hype um Herrn Genscher und Herrn Chodorkowskij mehr als ärgert. In meinen Augen wurde Herr Chodorkowskij rechtmäßig verurteilt, denn selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im September 2011 seine Verurteilung als nicht politisch motiviert eingestuft. Bevor der Stern des Herrn Chodorkowskij zu sinken begann, war sehr häufig zu lesen, dass Herr Otto Graf Lampsdorff beispielsweise zu den internationalen Beratern der Menatep-Bank gehörte, deren Generaldirektor Herr Chodorkowskij war. Womit sich der Kreis FDP - Chodorkowskij - FDP wieder schließt.

Wenn es Ihnen, Herr Gysi, nur um den Menschen Michail Borissowitsch geht, müssten Sie dann in den USA wegen der Inhaftierung vom Herrn Bernard L. Madoff nicht ebenfalls für dessen Begnadigung eintreten. Dieser Mann wurde zu 150 Jahren Haft verurteilt.

Herr Gysi, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir in ein paar kurzen Sätzen Ihre Ansicht zum Fall Chodorkowskij beschreiben könnten.

Vielen Dank im Voraus und
Ihnen ein schönes Weihnachtsfest

M. Beyer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Beyer,

Ihre Nachricht vom 22. Dezember hat mich erreicht.

Wie Sie glaube auch ich, dass die erste Verurteilung des Herrn Chodorkowskij zu Recht erfolgte. Hierzu gibt es auch entsprechende Feststellungen des Europäischen Gerichtshofes. Allerdings gilt dies meines Erachtens nicht für die zweite Verurteilung. Dort habe ich einen Menschen vertreten, der sehr überzeugend garantierte, dass die Vorwürfe nicht stimmen können. Dieses zweite Verfahren ist auch vom Europäischen Gerichtshof noch nicht überprüft worden. Und deshalb meinte ich, dass es höchste Zeit wurde, ihn zu begnadigen. Dabei geht es nicht im geringsten um eine politische Übereinstimmung, sondern ausschließlich darum, politische Auseinandersetzungen nicht mit strafrechtlichen Mitteln zu führen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gysi

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