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Gregor Gysi
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Frage von Werner W. S. •

Frage an Gregor Gysi von Werner W. S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

seit etwa 60 Jahren verfolge ich das politische Geschehen in der Bundesrepublik mit Interesse, ohne außer bei Wahlen aktiv gewesen zu sein. Mein Weg durch das Leben begann auf unterster Ebene, so lag mir die Arbeiterpartei näher am Herzen, doch Mitglied wurde ich nie. Ich fühlte mich dadurch frei, meine Stimme an die Partei zu vergeben, die meinen Interessen am besten entsprach.
Erst in späteren Jahren wurde mir klar, daß es in der Bundesrepublik eine Partei gibt, der ich meine Stimme nicht geben kann (wenn ich es denn wirklich wollte), weil ich sie gar nicht wählen darf - wenn ich nicht im Freistaat Bayern ansässig bin: Die CSU. Umgekehrt muß ich mich von Politikern regieren lassen und ihre Gesetze befolgen, obwohl sie nicht meine Volksvertreter sind.
Frage: Ist es verfassungsgemäß, daß Abgeordnete große Teile des Volkes vertreten (wollen), über Gesetzesvorlagen abstimmen, die für das gesamte Volk gelten, obwohl sie nicht vom ganzen Volk gewählt werden können.
Ich bin nun fast 82 Jahre alt und verstehe manche Dinge nicht so einfach. Können Sie mich aufklären, Herr Dr. Gysi? Ich wende mich deshalb an Sie, weil ich Sie als klugen und sachkundigen, aber auch kritischen Politiker schätze.
Mit Interesse erwarte ich Ihre Antwort.

Mit freundlichem Gruß
Werner W. Schmidt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

Ihre Nachricht vom 19.12.2013 hat mich erreicht.

Die Bundesrepublik baut sich als repräsentative Demokratie auf. Das bedeutet, dass die Parteien im Wesentlichen so im Bundestag vertreten sind, wie es dem Abstimmungsverhältnis der Bevölkerung entspricht. Es gibt für Überhangmandate allerdings zu viele Ausgleichsmandate, außerdem kennen Sie die Problematik der 5-Prozent-Hürde.

Die Mehrheit der Abgeordneten kann dann Gesetze beschließen, auch wenn sie niemals die gesamte Bevölkerung vertreten. Ansonsten könnte so gut wie nie ein Gesetz beschlossen werden, weil die Interessen in einer Gesellschaft zu unterschiedlich sind.

Ich strebe eben danach, immer mehr Zustimmung zu der Art Interessenvertretung in der Bevölkerung zu gewinnen, die ich für richtig und wichtig halte. Aber stellen Sie sich einmal vor, wir bekämen über 50 Prozent der Stimmen. Wir würden dann Gesetze beschließen, wo es auch Bürgerinnen und Bürger gibt, denen diese nicht gefallen. Das ist aber das Ergebnis von Mehrheitsbildungen in einer repräsentativen Demokratie.

Mit freundlichen Grüßen

Gregor Gysi

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