Frage an Gregor Gysi von Philip M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
nach der Bundestagswahl 2013 und dem knappen Ergebniss der AfD und FDP unterhalb der 5% Klausel gibt es nun in einigen Medien die Diskussion die Hürde sollte gesenkt werden.
Auch ich halte eine so hohe Sperrklausel als Relikt zur Verhinderung des Parteiensumpfes der Weimarer Republik. Ich finde wenn über 4 Millionen Stimmen einfach "wertlos" (im Sinne keiner Vertretung im Parlament) werden, ist das nicht unbedingt förderlich für unsere repräsentative Demokratie.
Dass die Klausel abgeschafft wird, will ich natürlich auch nicht. Sie sollte aber zumindest auf Europawahlniveau von 3% gesenkt werden. Da kommt mir nämlich auch die Frage auf, ob die Europawahl als weniger bedeutend angesehen wird als die Bundestagswahl (in Bezug auf eine niedrigere Sperrklausel).
Als langjähriger Abgeordneter des Deutschen Bundestages würde ich gerne Ihre Meinung dazu höhren.
Sehr geehrter Herr Meyer,
Ihre Nachricht vom 3. Oktober hat mich erreicht.
Wir waren schon immer gegen die Sperrklausel, weil ich glaube, dass eine repräsentative Demokratie dadurch geprägt ist, dass sich unterschiedliche Interessen im Bundestag widerspiegeln. Und auch eine Partei, die ein Prozent der Stimmen erreicht, sollte ein Prozent der Abgeordneten stellen.
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bisher die Sperrklausel von 5 % immer als grundgesetzgemäß angesehen. Es argumentierte mit der Notwendigkeit zur Regierungsbildung und entsprechender Strukturen. Bei der Europawahl verlangte das Bundesverfassungsgericht dagegen eine Herabsenkung der Sperrklausel, weil dort keine Regierungsbildung stattfindet, es auch nicht solche festen Strukturen gibt.
Ich bleibe aber ein Gegner von Sperrklauseln sowohl bei der Bundestagswahl als auch bei der Europawahl.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi