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Frage von wiebke s. •

Frage an Gregor Gysi von wiebke s. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

Sie haben einem Fragesteller zum Thema Gustl Mollath folgendes geantwortet:

"Der Fall von Gustl Mollath hat auch gezeigt, wie eigenständig Rechtsprechung sich entwickeln kann, dort sind meines Erachtens unzulässige Dinge geschehen. Trotzdem hat das erste Gericht entschieden, den Fall nicht wieder aufzunehmen. Erst in II. Instanz gab es dann eine positive Entscheidung. Wahrscheinlich war der Druck aus der Bevölkerung zu groß. Auf jeden Fall werde ich mich dafür einsetzen, dass hier Änderungen eingeleitet werden."

Soweit ich diesen Fall verfolgt habe, ist Herr Mollath - mutmaßlich sehr zu Unrecht - in Sicherheitsverwahrung genommen worden. Das ist zweifellos ein Justizskandal, wie er in der Bundesrepublik seinesgleichen sucht. Überdies ist die Sicherheitsverwahrung auch noch verfassungswidrig geregelt, wie wir vom BVerfG erfahren haben, so dass ohnehin Änderungen vorgenommen werden müssen. Wie sollen diese aussehen? Welche Änderung lehnen Sie ab?

Vielen Dank!

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Storz-Ganzlin,

Ihre weitere Nachricht vom 17. September hat mich ebenfalls erreicht.

Ich halte das Konstrukt der Sicherheitsverwahrung für falsch. Für eine Straftat gibt es eine bestimmte Strafe. Es kann nicht sein, dass hinterher jemand - ggf. lebenslänglich - eingesperrt wird. Und das ja nur wegen der Gefahr, dass er rückfällig werden könnte. Wenn die Betroffene bzw. der Betroffene sich beherrschen kann, dann muss er im Justizvollzug lernen, sich zu beherrschen. Zumindest muss man im Gesetz davon ausgehen, dass es diese Chance gibt. Es darf keine vorbeugende Inhaftierung geben.
Ein anderer Fall liegt dann vor, wenn man der Überzeugung ist, dass er sich nicht beherrschen kann, dass er auf jeden Fall wieder eine Straftat begehen wird. Dann allerdings ist er nicht schuldfähig. Dann müsste seine Einweisung in eine psychiatrische Klinik stattfinden, ohne dass er bestraft wird. Allerdings muss dafür gesorgt werden, dass er diese Klinik nicht verlassen kann. In diesem Fall muss geregelt werden, wie durch wechselnde Sachverständige regelmäßig überprüft wird, ob der Tatbestand noch gegeben ist oder nicht. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, die Richter entsprechend zu wechseln, damit nicht immer jene entscheiden, die schon einmal eine Meinung geäußert haben.

Wir sind in dieser Hinsicht auch noch in der Diskussion, aber Schritt für Schritt entwickeln wir solche Positionen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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